Artikel dieser Reihe: Übersicht – Blitz oder Dauerlicht fürs Fotostudio? – Sorten und Eigenschaften von Dauerlicht-Leuchten – Sorten und Eigenschaften von Blitzgeräten – Lichtfarbe, Spektrum, CRI und TLCI – Lichtflimmern und sein Einfluss auf Foto und Video – Leuchtdauer von Blitzgeräten – Stromversorgung: Netzbetrieb oder Akku
Unsere Augen sind relativ träge. Wenn die Helligkeit einer Lichtquelle für kurze Zeitspannen unterbrochen wird oder das Licht nur in schnellen Intervallen aufleuchtet, bemerken wird dies nicht unbedingt. Kameras können auf sowas empfindlicher reagieren und somit auch ein „unsichtbares“ Flimmern zum Problem werden lassen, wenn bestimmte Faktoren zusammenkommen.
Wie langsam das Flimmern/Flackern werden muss, damit wir es mit bloßem
Auge wahrnehmen, ist von Mensch zu Mensch etwas unterschiedlich.
Unterschiedlich ist auch, wie man darauf reagiert: Manche Leute nehmen ein
grenzwertiges Flimmern vielleicht noch nicht bewusst wahr, aber die
zusätzliche Anstrengung für die Augen kann dennoch zu Kopfschmerzen und
schnellerer Ermüdung führen.
Man kann davon ausgehen, dass
durchschnittliche Menschen ein Flimmern ab etwa 70 Hz (also das Licht wird
70-mal pro Sekunde heller und wieder dunkler) nicht mehr wahrnehmen können
und dann auch keine besondere Anstrengung mehr auftritt. Bei sehr
empfindlichen Menschen kann diese Grenze auf etwa 80 Hz erhöht sein. Wer
hingegen relativ unempfindlich für Flimmern ist, kann auch mit 60 oder sogar
50 Hz leben und kriegt keine Probleme. Ein Flimmern von 40 Hz und weniger
finden dann aber wirklich
alle unschön.
Die genannten Zahlen beziehen sich auf ein klassisches
Sinus-Flimmern, wie es z. B. durch Wechselstrom verursacht wird: Das Licht
wird, einer Sinuskurve folgend, vom dunklen Zustand her allmählich heller,
erreicht den Höhepunkt und wird danach wieder dunkler bis auf Null, bevor
der Zyklus neu beginnt. Es gibt auch radikalere Varianten, wo das Licht
durch eine Rechteck-Spannung schlagartig hell und schlagartig wieder dunkel
wird; das ist dann evtl. noch bei etwas höheren Frequenzen fürs Auge
erkennbar. Umgekehrt gibt es gedämpfte Sinuswellen‚ wo das Licht nie komplett abdunkelt und nur zwischen „halb
hell“ und „ganz hell“ pendelt – was unser Auge dann auch noch bei etwas
geringeren Frequenzen gut verträgt.
Das zweifellos häufigste Lichtflimmern, mit dem wir es in der Praxis zu tun haben, ist das Netzflimmern. Lampen übernehmen dabei die Frequenz des Wechselstroms, so dass die Leuchtkurve genau der sinusförmigen Spannungskurve folgt. In Europa hat das Stromnetz 50 Hz Netzfrequenz:
Beim Wechselstrom bezieht sich die Hertz-Zahl auf einen kompletten Zyklus aus positivem und negativem Spannungsgipfel, die aber jeweils dieselbe Wirkung aufs Leuchtmittel haben. Somit entstehen insgesamt 100 Hell-Dunkel-Wechsel pro Sekunde, also ein 100-Hz-Flimmern:
In
weiten Teilen Nord- und Südamerikas sowie in manchen Ländern Asiens gibt es ein
60-Hz-Stromnetz, das dementsprechend ein 120-Hz-Flimmern verursacht.
Weltweit hat man es nur mit
diesen zwei verschiedenen
Netzflimmer-Frequenzen zu tun: 100 Hz und 120 Hz. In welchen Ländern welche
Stromfrequenz genutzt wird, kann man bei Bedarf einer
Tabelle auf laenderdaten.de entnehmen. Es gibt sogar ein paar Länder, in
denen sich die Netzfrequenz je nach Region unterscheidet. (Die Tabelle nennt
auch die verwendeten Spannungen, aber die haben aufs Lichtflimmern keinen
Einfluss.)
Der Hauptgrund, warum das Thema Lichtflimmern in den letzten Jahren wieder große Bedeutung erlangt hat, ist der Siegeszug der LED-Leuchtmittel im Haushalt. Zwar gibt es längst auch flimmerfrei konstruierte Varianten, aber der größere Teil der heute erhältlichen LED-Lampen flimmert noch ganz direkt und ungedämpft in Netzfrequenz. Ob sie flimmern oder nicht, hängt immer davon ab, welche Vorschalt-Elektronik verbaut wurde. Es ist in erster Linie ein Kamera-Problem, denn mit bloßem Auge sieht man dieses 100-Hz-Flimmern nicht. Es gibt auch keinen Hinweis auf der Verpackung, so dass man flimmerfreie LED-Leuchtmittel im Bedarfsfall nur durch gezielte Tests finden kann.
LED-Leuchten, die speziell für Foto- und Videozwecke beworben werden, arbeiten heute allesamt flimmerfrei und unabhängig von der Netzfrequenz. Unter kontrollierten Studiobedingungen sollte das Flimmern also kein Thema mehr sein. In der Praxis muss man aber oft auch „on location“ unter weniger idealen Lichtquellen fotografieren und filmen.
Früher war Lichtflimmern hauptsächlich von
klassischen Leuchtstoffröhren mit Trafo-Vorschaltgeräten
bekannt. Sie werden zwar kaum noch neu verkauft, sind aber aufgrund ihrer
Langlebigkeit im Bestand noch häufig vertreten – besonders in Kellerräumen,
Lagerhallen, Produktionsstätten, Wartesälen, Leuchtreklame-Tafeln
und dergleichen.
Die im Haushalt vor Einführung der LED-Leuchtmittel
gebräuchlichen Energiesparlampen sind weniger häufig vom
Flimmern betroffen – obwohl sie ja vom Funktionsprinzip her ebenfalls
Leuchtstoffröhren sind. Das liegt daran, dass sie meist mit elektronischen
Vorschaltgeräten ausgestattet sind.
Auch Glühlampen und Halogenlampen flimmern in Netzfrequenz. Allerdings wird durch ihre Trägheit das Flimmern etwas abgedämpft, so dass sie auch in den dunkleren Phasen nie komplett dunkel werden:
In kritischen Situationen kann das Flimmern von Glühlampen und Halogenlampen zwar negativen Einfluss auf Kameras haben, aber der Effekt ist viel dezenter als bei betroffenen LED-Lampen und Leuchtstoffröhren und muss normalen Betrachtern nicht unbedingt auffallen. Mit höherer Watt-Zahl verringert sich der Effekt weiter – weshalb gerade mit klassischen Halogen-Filmleuchten keine nennenswerte Störung zu erwarten ist. Am ehesten sichtbar wird das Flimmern an schwachen Glühlampen.
Das folgende kurze Video zeigt das Flimmern diverser Haushalts- und Video-Leuchtmittel in 40-facher Zeitlupe:
Die gängigen Monitor-Flimmerfrequenzen sind mehr oder weniger aus den
weltweiten Netzfrequenzen entstanden. Das trifft insbesondere auf das
Flimmern von Fernsehgeräten zu, die je nach Region mit 50 oder 60 Hertz Bildwechselfrequenz
arbeiten. Die alten Röhrenfernseher wurden nicht umsonst auch
„Flimmerkisten“ genannt – gerade in Europa mit 50 Hz.
Bitte beachten: Auf
der Bildröhre hat das Flimmern wirklich nur 50 bzw. 60 Hz Frequenz und
nicht etwa das Doppelte davon.
Für die ersten Computermonitore wurde auch in
Europa gleich 60 Hz benutzt, weil 50 Hz aus kurzer Betrachtungsdistanz zu stark geflimmert hätte.
Doch im Grunde waren auch 60 Hz nicht augenfreundlich genug. Zur weiteren Verminderung des Flimmerns ging man
dann bald dazu über, Computer-Röhrenmonitore auf 72, 75, 85 oder sogar 100 Hz
hochzutakten. Dort, wo heute noch Röhren-Computermonitore in Betrieb sind,
ist deren Flimmerfrequenz also ziemlich unklar.
Zu beachten ist auch,
dass das Röhrenmonitor-Flimmern im Gegensatz zum Leuchtmittel-Flimmern nicht
zeitgleich auf dem ganzen Bildschirm auftaucht, weil eine Bildröhre
zeilenweise vom Elektronenstrahl beschrieben wird. In Verbindung mit dem
Rolling-Shutter-Effekt heutiger CMOS-Sensoren können dadurch seltsame
Interferenzen entstehen.
Zum Glück sind Röhrenmonitore und -fernseher
eine aussterbende Gattung. Die Wahrscheinlichkeit, so ein Gerät ins Bild zu
kriegen, sinkt mit jedem Jahr weiter.
Bis heute arbeiten Fernsehstandards in Europa auf einer 50-Hz-Basis bzw.
in Amerika und Teilen Asiens auf einer 60-Hz-Basis (wobei der
Fernsehstandard häufig, aber nicht immer, zur im Land gebräuchlichen
Netzfrequenz passt). Vereinfachend wird 50 Hz manchmal als „PAL“ und 60 Hz
als „NTSC“ bezeichnet – auch wenn diese Zuordnung technisch sehr
unsauber ist.
Wie sich der Fernsehstandard auf das
Flimmern der Fernsehgeräte auswirkt, ist heute allerdings nicht mehr so
einheitlich. Selbst hochwertige Röhrenfernseher hatten bereits
Schaltungen, die das Flimmern auf 100 bzw. 120 Hz verdoppelten. Seit Einführung
der Flachbildschirme findet sich ein ganzes Sammelsurium von technischen
Umsetzungen. Im einfachsten Fall handelt es sich immer noch um Bildwechsel
in der Frequenz des jeweiligen Fernsehsignals, aber häufig wird die
Bildrate auch intern auf höhere Werte hochinterpoliert. Dazu kommt,
dass im Fall von LCD-Bildschirmen das Flimmern des eigentlichen LCD-Panels
von einem ganz anderen Flimmern der Hintergrundbeleuchtung überlagert sein
kann (außer bei Plasma- und OLED-Geräten, die ja keine separate
Hintergrundbeleuchtung haben).
Computer-Flachbildschirme (inkl. Handy- und Tablet-Displays) werden inzwischen wieder in den meisten Fällen mit den „guten alten“ 60 Hz getaktet, weil die Flachbildschirme etwas träger sind als Röhrenmonitore und das Flimmern dort fürs Auge kaum noch stört. Es gibt aber auch Monitore, die bewusst auf 50 Hz runtergeschaltet werden (optimiert für Videobearbeitung in Europa) sowie Monitore, die mit 90 oder 120 Hz laufen (was speziell Gamer zu schätzen wissen, weil dann schnelle Bewegungen noch präziser erkennbar sind). Dazu kommt, wie bei den Fernsehern, eine eventuelle eigene Puls-Taktung der Hintergrundbeleuchtung. Letztere kann auch noch in Abhängigkeit von der gewählten Helligkeit variieren.
Kurz gesagt: An modernen Monitoren findet sich so ziemlich alles Denkbare
– von
absoluter Flimmerfreiheit über klassische 50-Hz- oder 60-Hz-Taktung bis hin
zu wirren Mischfrequenzen. Man muss wirklich das jeweilige Gerät testen,
wenn man sein Flimmerverhalten rausfinden will.
Ähnliches gilt übrigens
für digitale Projektoren (Beamer), die je nach Funktionsprinzip,
Signalquellenfrequenz und interner Ansteuerung ein sehr unterschiedliches
Flimmerverhalten zeigen können.
Sinusförmig verlaufendes Flimmern gibt es jenseits des Netzflimmerns selten. Wenn andere Flimmerfrequenzen auftreten, handelt es sich in den meisten Fällen um „gepulste“ Lichtquellen, deren Licht entsprechend einer Rechteckspannung schlagartig hell und dunkel wird. (Man kann streiten, ob man das dann überhaupt Flimmern nennen sollte. Es ist ja mehr ein Intervall-Verfahren.) Dieses Prinzip wird manchmal verwendet, um helle LEDs etwas dunkler zu machen, also quasi zu dimmen (obwohl es dafür längst elegantere Methoden gibt). Die verwendeten Frequenzen liegen oft höher als die des Netzflimmerns, aber eine konkrete Norm gibt es nicht. Man sieht den Effekt am häufigsten in LED-Anzeigetafeln und LED-Autolichtern.
Alle diese Puls-Verfahren sind rein auf das menschliche Auge und dessen Trägheit hin konstruiert. An die teils unschönen Auswirkungen auf Foto- und Videokameras hat offenbar niemand gedacht.
Wenn von Flimmern die Rede ist, denkt man erst mal nur an Video. Tatsächlich hat es aber unter bestimmten Umständen auch Auswirkungen aufs Fotografieren. Eine davon betrifft kurze Belichtungszeiten. Selbst wenn die Kamera mit Zentralverschluss arbeitet (was meist an Kompakt- und Bridge-Kameras der Fall ist) und somit keine Schlitzverschluss-Effekte auftreten können, sorgt die schwankende Helligkeit einer flimmernden Lichtquelle für Helligkeitsunterschiede. Angenommen, man belichtet 1/1000 Sekunde lang und hat eine LED-Lichtquelle, deren Helligkeit der Netzfrequenz folgt: Es ist dann reiner Zufall, in welcher Phase des Leuchtverlaufs die Belichtung stattfindet. Fällt sie in die Dunkelphase, wird das Bild unterbelichtet. Fällt sie in die Peak-Phase, wird das Bild im Vergleich zur gemessenen Durchschnittsbelichtung etwas überbelichtet. Hier als Beispiel drei mögliche Belichtungszeitpunkte (in blau):
Noch schlimmer ist der Effekt, wenn die Lichtquelle pulsiert, also hart zwischen hell und dunkel wechselt. Ein zufälliger Anteil der Bilder bleibt dann einfach komplett schwarz, ein anderer wird überbelichtet, ein dritter Anteil (dessen Belichtungen auf der Grenze liegen) wird zufällig heller oder dunkler belichtet. Je kürzer die eingestellte Belichtungszeit ist, desto stärker werden die Unterschiede. Langzeitbelichtungen sind nicht betroffen – es sei denn, das Licht bewegt sich während der Belichtung: In den beliebten Lichtspuren-Bildern entlang von Autobahnen bilden gepulste Autolichter dann gestrichelte Linien statt durchgehender Lichtspuren.
Die meisten Systemkameras, also DSLRs und DSLMs, arbeiten bei kurzer Belichtungszeit nicht mit einem Zentralverschluss, sondern mit einem mechanischen Schlitzverschluss (Erklärung siehe Artikel über Blitzgeräte-Eigenschaften). Sie belichten also nicht das ganze Bildfeld exakt zeitgleich, sondern kontinuierlich von unten nach oben. Eine sinusförmig flimmernde Lichtquelle wird hier dazu führen, dass der untere Teil des Bildes etwas heller rauskommt als der obere, oder der mittlere Teil heller als oben und unten, oder jeweils umgekehrt. Nur ganz wenige Profi-Kameras (solche, die auch fürs Fotografieren von Hallensport optimiert sind) bieten eine Erkennung und automatische Korrektur für diese Auswirkung des Flimmerns. Unter einer pulsierenden Lichtquelle passiert übrigens dasselbe, nur mit härteren Übergängen; das kann dann auch eine Automatik nicht mehr ausbügeln. Zum Glück sind hart pulsierende Lichtquellen als Raumbeleuchtung rar.
Benutzt man an Kameras den elektronischen Verschluss anstelle des mechanischen, verstärkt sich dieser „Rolling-Shutter-Effekt“ noch weiter. Denn mit elektronischem Verschluss wird der Bildsensor zeilenweise von oben nach unten ausgelesen. Das wirkt sich aus wie ein Schlitzverschluss mit ganz feinem Schlitz. Je nachdem, wie schnell der Sensor ausgelesen wird (da gibt es große Unterschiede), können dann über die Bildhöhe mehrere Hell-Dunkel-Wechsel entstehen. Also die Helligkeitskurve des Lichtes macht sich in Form von helleren und dunkleren Querstreifen bemerkbar. Je kürzer die Belichtungszeit gewählt wird, desto deutlicher setzen sich diese Streifen ab.
Wer gern experimentiert und misst, kann anhand solcher Streifen die Arbeitsweise der Lichtquelle erkennen: Eine sinusförmig flimmernde Lichtquelle schafft weiche Streifen-Übergänge, bei einer pulsierenden Lichtquelle sind die Streifen härter abgegrenzt. Ist die Flimmerfrequenz bekannt (wie beim Netzflimmern), kann man anhand der Streifenabstände auf die Auslesegeschwindigkeit des Sensors schließen. Umgekehrt, wenn man die Auslesegeschwindigkeit des Sensors schon kennt, kann man damit die Pulsfrequenz einer pulsierenden Lichtquelle bestimmen.
Für die Videoaufnahme gibt es zwei zeitliche Kennzahlen: Framerate und Verschlusszeit. Von diesen beiden Einstellungen hängt ab, ob das Flimmern der Lichtquelle im Video sichtbar wird.
Mal angenommen, die Framerate entspricht der Flimmerfrequenz oder einem
ganzzahligen Teiler davon, z. B. bei 100 Hz Netzflimmern beträgt die
Framerate 100, 50 oder 25 Bilder pro Sekunde. Jedes Einzelbild des Videos
kriegt dann genau dieselbe Lichtmenge ab – und zwar nahezu unabhängig vom
Zeitversatz zwischen Flimmerkurve und Framewechsel sowie unabhängig von der
Belichtungszeit der einzelnen Frames. Folglich wird man vom Flimmern im
Video gar nichts sehen.
Als Beispiel im Diagramm ist es eine Framerate von 1/25 Sekunde,
und zwar
in Verbindung mit einer absichtlich „falsch“ gewählten Belichtungszeit von
1/60 Sekunde. Die Frame-Belichtungszeit ist im Diagramm wieder in blau
überlagert:
Das Diagramm zeigt, dass jede Belichtungsperiode dieselbe Lichtmenge aufnimmt. Und man kann sich anhand des Diagramms leicht vorstellen, dass dies auch bei nahezu jeder anderen Belichtungszeit funktionieren würde, solange die Framerate bei 25 fps bleibt.
Die Situation ändert sich, sobald die Framerate kein ganzzahliger Teiler mehr ist, also wenn man bei 100 Hz Netzfrequenz z. B. mit 24 oder 30 Bildern pro Sekunde aufnimmt. Im Diagramm gezeigt ist nun (in blau) eine Framerate von 30 fps bei einer Belichtungszeit von 1/60 Sekunde:
Die Lichtmenge der einzelnen Frames kann jetzt variieren, wodurch sich die Helligkeitsschwankung direkt im Video manifestiert. Es sind unterm Strich keine riesigen Schwankungen, aber man wird sie bemerken. Wenn der Kamerasensor am Rolling-Shutter-Effekt leidet (was bei 99 % der heutigen Kameras der Fall ist), kann zu den bloßen Helligkeitsunterschieden auch noch eine vertikal ablaufende Streifenbildung hinzukommen – ähnlich der Streifenbildung mit elektronischem Verschluss beim Fotografieren.
Allerdings kann man die Abweichungen durch gezielte Wahl einer passenden Belichtungszeit wieder ausgleichen. In diesem Fall muss die Belichtungszeit dem Kehrwert der Flimmerfrequenz oder einem ganzzahligen Vielfachen davon entsprechen, also 1/100, 1/50 oder 1/25 Sekunde. Hier im Diagramm sind es nun 1/50 Sekunde Belichtungszeit bei 30 fps:
Auch hier trifft wegen des asymmetrischen Ablaufs jede Frame-Belichtungsperiode auf etwas andere Teile der Leuchtkurve – aber es kommt am Ende jeder Frame-Belichtung genau soviel Anteil eines Licht-Hügels hinzu, wie am Anfang der Belichtung abgeschnitten wurde. In der Summe kommt dann doch wieder für jeden Frame dieselbe Gesamt-Lichtmenge zusammen und es flimmert nichts.
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich eine simple Regel ableiten:
Solange entweder die Framerate oder die
Verschlusszeit der Kamera (oder beides) mit der Flimmerfrequenz harmoniert,
wird im Video kein Flimmern zu sehen sein. Das Flimmern wird nur sichtbar, wenn
keiner der beiden Werte zur Flimmerfrequenz passt.
Also wenn man in 50-Hz-Ländern mit 25, 50 oder 100 fps filmt, kann man die Verschlusszeit der Kamera frei wählen. Genau dasselbe gilt für das Filmen in den 60-Hz-Ländern mit 24, 30, 60 oder 120 fps. Es kommt nur darauf an, dass die Framerate ein ganzzahliger Teiler der Flimmerfrequenz von 100 bzw. 120 Hz ist.
Falls man eine andere Framerate
verwenden muss, kann man dies (zumindest im Fall von sinusförmigem Flimmern)
durch Wahl der Verschlusszeit ausgleichen.
Wer in 50-Hz-Ländern mit 24 oder 30 oder
60 fps
filmt, sollte 1/25, 1/50 oder 1/100 Sekunde belichten.
Wer in den 60-Hz-Ländern mit 25, 50 oder 100 fps filmen will,
sollte 1/30 oder 1/60 Sekunde belichten. (1/120 Sekunde würde
technisch auch gehen, aber nur wenige Kameras bieten diesen exakten Wert an.
1/125 Sekunde weicht bereits zu stark ab.)
Kleine Einschränkung der
genannten Übersicht: Die Belichtungszeit kann prinzipbedingt nicht länger
sein als der Abstand zweier Frames. Also z. B. 1/50 Sekunde geht natürlich
nicht bei 60 fps.
Nicht immer, wenn man eine der oben genannten ungünstigen Kombinationen
aus Flimmerfrequenz, Framerate und Verschlusszeit verwendet, sieht man im
fertigen Video tatsächlich Flimmereffekte. Das kann dann ganz natürliche
Gründe haben, z. B. könnte das Flimmern nur wenig ausgeprägt sein (wie etwa
im Fall starker Halogenlampen) und daher kaum in Erscheinung treten. Auch
längere Belichtungszeiten (z. B. 1/30 Sekunde bei 30 fps) können das
Flimmern auf ein geringes Maß reduzieren – obwohl es dann, wenn man genau
hinschaut, nicht wirklich ganz weg ist.
Es kann allerdings auch sein,
dass die (Video-)Kamera eine automatische Kompensationsschaltung zur
Vermeidung von Flimmern besitzt. Genauer gesagt, gibt es davon zwei Varianten.
Die erste möglicheVariante bezieht sich nur auf den automatischen Belichtungsmodus (P oder A/Av) und sorgt schlicht dafür, dass bei unpassender Framerate automatisch eine passende Belichtungszeit gewählt wird. Hierfür muss man im Menü die vor Ort gültige Netzfrequenz korrekt angeben (und an dieser Menüoption erkennt man auch gleich, dass die Kamera so eine Funktion bietet). Auf die manuelle Belichtungseinstellung hat diese Automatik meist keinen Einfluss; wer die Verschlusszeit manuell einstellt, kann also weiterhin unter bestimmten Bedingungen ein Flimmern zu sehen kriegen.
Die zweite Variante arbeitet völlig anders und funktioniert mit automatischer und manueller Belichtung gleichermaßen. Sie ändert gar nichts an den Belichtungszeiten, sondern rechnet das Flimmern softwaremäßig aus dem Bild raus. Diese Funktion ist ein bisschen hinterlistig, weil sie unbemerkt im Hintergrund werkelt und das eigentlich vorhandene Flimmern teilweise verschleiert; man kann dann nicht gleich sehen, ob eine Gefahr für Flimmereffekte besteht. Das wäre ja im Prinzip auch egal, wenn es jederzeit perfrekt funktionieren würde – aber das tut es leider nicht. Mal abgesehen davon, dass die softwaremäßige Bearbeitung Einfluss auf die Bildqualität hat, muss die Funktion sich immer erst auf neue Lichtsorten „einpegeln“ – also man sieht dann zumindest nach Wechsel der Beleuchtung kurzzeitig wieder etwas Flimmern. Zudem funktioniert das Rausrechnen immer nur fürs komplette Bild; in Mischlichtsituationen (Tageslicht und Kunstlicht, flimmernde und nicht-flimmernde Leuchtmittel, nicht-flimmernde Leuchtmittel und flimmernder Monitor etc.) wird in Teilen des Bildes dann doch wieder ein sichtbares Flimmern auftreten (oder das Flimmern kommt und geht beim Schwenken). Es kann sich im Extremfall sogar ins Gegenteil umkehren, wodurch eigentlich flimmerfrei beleuchtete Teile des Bildes plötzlich flimmern – wie in diesem Video gezeigt:
Wenn die Kamera so ein automatisches Rausrechnen des Flimmerns bietet,
sollte man sich also nicht blind drauf verlassen. Das ist bestenfalls eine
nützliche Funktion für videotechnische Laien. Als technisch versierter
Filmer würde man sich wünschen, die Funktion per Menü abschalten zu können
(was aber leider nur an wenigen Profi-Videokameras vorgesehen ist).
Klüger ist es auch an
solchen Kameras, mittels Framerate und/oder Belichtungszeit dem Flimmern
entgegenzuwirken. Dann schaltet sich die Anti-Flimmer-Funktion erst gar
nicht zu und man ist vor bösen Überraschungen geschützt.
Die vom Flimmern verursachten Helligkeitsschwankungen und Streifen kann man notfalls mit Hilfe geeigneter Spezialsoftware (PlugIn fürs Videoschnittprogramm oder separate Effektsoftware) noch nachträglich aus einem Video rausrechnen lassen. Wenn das komplette Bild flimmert, geht das problemlos – ganz ähnlich wie die interne Kompensation in der Kamera, so wie im vorigen Abschnitt beschrieben. Falls das Flimmern nur Teile des Bildes betrifft, die dann maskiert werden müssen, bringt es einen gewissen Mehraufwand. Ob man diesen Mehraufwand treiben will, hängt sicherlich von Art und Anspruch des Filmes ab.
Eine besondere Schwierigkeit stellen starke Zeitlupenaufnahmen dar, für die man ja deutlich höhere Frameraten als 100 oder 120 fps benutzen muss. Da kann man ein Netzflimmern von 100 bzw. 120 Hz nicht mehr ausgleichen. Wenn für Zeitlupenaufnahmen keine perfekt flimmerfreien Lichtquellen zur Verfügung stehen, wird man ein mehr oder weniger starkes „Pumpen“ der Helligkeit nicht vermeiden können. Man sieht solche Fehler regelmäßig im Fernsehen in Wintersport-Übertragungen (wenn dort am Abend unter künstlichem Licht z. B. ein Skispringer in starker Zeitlupe gefilmt wird).
Dass man zweierlei Flimmerfrequenzen
gleichzeitig im Bild hat – etwa das Flimmern einer Lichtquelle und das
Flimmern eines Computermonitors – kommt gar nicht so selten vor. Hier
bleibt dann nur, Framerate und Belichtungszeit sinnvoll zu kombinieren. Also
wenn etwa die Deckenleuchte mit 100 Hz flimmert und der Computermonitor mit
60 Hz, kann man mit 25 fps filmen und dabei 1/30 oder 1/60 Sekunde
Belichtungszeit verwenden. Oder wenn man mit 30 fps filmt, nimmt man eben
1/50 Sekunde Belichtungszeit.
Das Verfahren hat seine Grenzen. Etwa fürs
Filmen in 24 fps funktioniert es in diesem Beispiel nicht, weil sich das mit
beiden Flimmerquellen beißt. Wenn man zum Ausgleich des
60-Hz-Computermonitors entweder 1/30 oder 1/60 Sekunde Belichtungszeit
benutzt, fehlt der Spielraum für den gleichzeitigen Ausgleich des
100-Hz-Deckenbeleuchtung. Nimmt man 1/50 Sekunde, flimmert die
Deckenbeleuchtung nicht mehr, aber dafür wieder der Computermonitor (24 ist
ja auch kein ganzzahliger Teiler von 60).
Deutlich schwerwiegender als das sinusförmige Flimmern können die Auswirkungen hart gepulster Lichtquellen sein. Teilweise sind die dann gar nicht mehr korrigierbar. Lediglich eine ganzzahlige Beziehung zwischen Pulsfrequenz und Framerate könnte da noch helfen – aber die Pulsfrequenzen von Lichtquellen sind so geräteabhängig (und vom Strometz unabhängig), dass eine Übereinstimmung großer Zufall wäre und mit den stufenweisen Einstellmöglichkeiten normaler Kameras kaum herstellbar ist. Ein Ausgleich über die Belichtungszeit, so wie für sinusförmig flimmernde Lichtquellen gezeigt, funktioniert mit gepulsten Lichtquellen fast nie.
Im Allgemeinen die geringste Störung durch das Pulsen hat man, wenn die
Belichtungszeit so lang wie möglich ausgedehnt wird (ggfs. mit Hilfe von ND-Filtern). Im
Idealfall benutzt man den exakten Kehrwert der Framerate (z. B. 1/50 Sekunde
Belichtung bei 50 fps). Dann findet quasi
lückenlos eine Belichtung statt. Es kommt dann zwar noch zu Helligkeitsschwankungen
und ggfs. zu Rolling-Shutter-Streifenbildung wie beim sinusförmigen
Flimmern, aber wenigstens nicht zur kompletten Abdunklung.
In der Praxis
ist das nicht immer praktikabel – gerade in Verbindung mit niedrigen
Frameraten wie 24 oder 25 fps. Hier würde 1/25 Sekunde Belichtung zu
hässlichen Nachzieheffekten führen. Belichtet man stattdessen nach der
180°-Shutter-Regel, bleibt bereits rund die Hälfte der Zeit „unbelichtet“. Lichtpulse während dieser Dunkelpause sind dann im Video nicht sichtbar.
Sofern man die Helligkeit
nicht professionell mit ND-Filtern unter Kontrolle hält, muss man bei hellem Licht sogar auf
noch deutlich kürzere Belichtungszeiten zurückgreifen und somit lange,
unbelichtete Phasen zwischen den Frames hinnehmen. (Automatische Kameras
machen das in heller Umgebung immer so.) Wenn aber eine Lichtquelle nur
aus regelmäßigen kurzen Lichtpulsen besteht und dabei die Kamera nur in bestimmten
Abständen kurz Licht einfängt, wird es zur reinen Glückssache, ob und wann
mal Licht im Video ankommt. Die Folge ist ein irgendwie blinkendes Licht.
Je nach Verhältnis von Leuchtdauer und Verschlusszeit kann das Licht halbwegs
gleichmäßig blinken, mit kurzen Unterbrechungen leuchten oder aber die meiste Zeit unsichtbar bleiben und nur immer mal
wieder kurz aufblitzen. In Verbindung mit der zeilenweisen Auslesung des
Kamerasensors kann es sogar zu kuriosen Roll-Effekten kommen, weil dann das
Aufblinken des Lichtes nur noch bestimmte Bildzeilen betrifft. Man sieht es
heute insbesondere in
LED-Anzeigetafeln aller Art, egal ob als Ergebnisanzeige auf dem Sportplatz,
als Geschwindigkeitsanzeige am Straßenrand oder als Info-Laufband im
öffentlichen Nahverkehr. Gelegentlich betroffen sind auch LED-Rückleuchten
und Tagfahrleuchten von Autos sowie Computerbildschirme mit getaktetem
Hintergrundlicht. Hier in diesem kurzen Video gibt es einige Beispiele:
Das Video wurde mutwillig mit kurzen Verschlusszeiten (1/500 Sekunde und
kürzer) aufgenommen, um die Darstellungsfehler besonders deutlich zu zeigen.
Mit längeren Belichtungszeiten wären sie weniger auffällig, aber nicht
ganz weg.
Mit bloßem Auge sehen übrigens alle im Video gezeigten Lichter
völlig ruhig und flimmerfrei aus; die Fehler zeigen sich nur im Kamerabild.
Wenn Lichter im Video blinken, entspricht das natürlich nicht ihrer
tatsächlichen Pulsfrequenz (die sehr viel höher ist), sondern ist das
Ergebnis des zufälligen Zusammenspiels aus Pulsfrequenz des Lichtes und
Sensorauslesung der Kamera.
Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: Februar 2022
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