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Blitz oder Dauerlicht fürs Fotostudio?

Artikel dieser Reihe: Übersicht – Blitz oder Dauerlicht fürs Fotostudio? – Sorten und Eigenschaften von Dauerlicht-Leuchten – Sorten und Eigenschaften von Blitzgeräten – Lichtfarbe, Spektrum, CRI und TLCI – Lichtflimmern und sein Einfluss auf Foto und Video – Leuchtdauer von Blitzgeräten – Stromversorgung: Netzbetrieb oder Akku

Wenn ein Fotostudio eingerichtet oder „on location“ mit eigens aufgebautem Licht fotografiert werden soll, stellt sich die Frage, ob heutzutage LED-Dauerlicht oder doch die bewährten Blitzgeräte die bessere Anschaffung sind. Ob man in einem separaten Kellerraum ein festes Studio einrichtet, im Wohnzimmer gelegentlich ein Fotostudio improvisiert oder mit mobilem Equipment in allerlei Räumlichkeiten sowie im Außenbereich Licht setzen möchte, ist dabei nur einer der Aspekte.

Fragt man erfahrene Fotografen, kriegt man sehr klare Meinungen zu dem Thema – aber nicht immer dieselben. Viele schwören nach wie vor auf Blitz und finden Dauerlicht unbefriedigend, einige andere arbeiten schon seit geraumer Zeit mit Dauerlicht und sehen auch darin klare Vorteile. Einige benutzen sogar beides und entscheiden situationsabhängig. Die Bedürfnisse sind offenbar nicht überall gleich.

Lichtausbeute von Blitzgeräten

Auch wenn dank ständiger Verbesserung von LED-Leuchten und dank immer rauschärmerer Kamerasensoren das Dauerlicht mit jedem Jahr interessanter und praxistauglicher wird, wird trotzdem in professionellen Fotostudios bis heute überwiegend mit Blitz fotografiert. Der Hauptgrund dafür liegt in der enormen Lichtausbeute von Blitz und den daraus resultierenden technischen Qualitätsvorteilen.
Das ist auch eigentlich ganz logisch: Dauerlicht leuchtet dauernd. Fürs Belichten eines Fotos wird aber nur die kurze Zeitspanne benötigt, während der der Verschluss der Kamera geöffnet ist. Fotos von Personen belichtet man in der Regel mit 1/100 Sekunde und kürzer. Nur in dieser kurzen Zeit wird das Licht für die Kamera eingefangen. Der allergrößte Teil der Leuchtdauer einer Dauerlichtquelle trägt nicht zum Bild bei.
Beim Blitz ist es genau umgekehrt: Zuerst wird der Kameraverschluss geöffnet, erst dann wird der Blitz vollständig abgefeuert (X-Synchronisation), bevor der Kameraverschluss wieder schließt. Das vom Blitz erzeugte Licht wird also komplett auf den Moment der Aufnahme konzentriert und keine Leuchtdauer geht verloren.
Da der Blitz nur so kurz leuchtet, ist sein Energiebedarf relativ klein. Zudem können Blitzröhre und Blitzgehäuse nicht so leicht überhitzen wie eine Dauerlichtquelle – und daher viel heller leuchten, ohne durchzubrennen oder zu schmelzen. Das ermöglicht erstaunliche Helligkeitsreserven aus vergleichsweise kompakten Geräten. Keine künstliche Dauerlichtsorte kann, wenn man Belichtungszeiten von 1/100 Sekunde oder kürzer zum Vergleich ansetzt, auch nur ansatzweise mit der nutzbaren Lichtmenge eines Blitzgerätes mithalten.
Nebenbei beseitigt der Blitz auch das Augenkneif-Problem. Man hat ja mit starken Dauerlichtleuchten oft einen ähnlichen Effekt wie mit niedrigstehender Sonne im Freien: Die zu fotografierenden Personen fühlen sich auch nach einer Gewöhnungsphase noch geblendet und kneifen die Augen zusammen – was im fertigen Bild meist stört, weil man typischerweise die Augen offen sehen möchte. Ein Blitz hingegen leuchtet erst im Moment der Aufnahme hell auf; zwar blinzeln die Leute auch aufgrund des Blitzlichts, aber dank der Trägheit der Augenlider ist die Aufnahme bis dahin bereits im Kasten.

Im Studio mit manuell gesteuerten Blitzen kriegt man so gut wie nie Fotos mit zugekniffenen Augen. Sowas passiert nur bei Verwendung automatischer TTL-Blitze, die kurz vor der eigentlichen Aufnahme einen Messblitz abgeben.

Fotografiert man unbewegte Motive (z. B. Produkte) vom Stativ aus und ggfs. mit langer Belichtungszeit, kann man natürlich auch gut mit Dauerlicht arbeiten. Selbst wenn das Dauerlicht nicht besonders stark ist, lassen sich niedrige ISOs und kleine Blendenöffnungen verwenden. Man muss natürlich aufpassen, dass die Belichtungszeiten nicht gleich so extrem lang werden, dass sie erhöhtes Sensorrauschen provozieren.
Auch wenn man eigentlich mit der langen Belichtungszeit leben kann, gibt es gelegentlich andere Gründe, warum eine große Lichtausbeute benötigt wird. Dazu gehört insbesondere das „Überblitzen“ von vorhandenem Störlicht, etwa in der Produkt- und Reprofotografie unter suboptimalen räumlichen Bedingungen. Das würde zwar ansatzweise auch mit sehr starkem Dauerlicht gehen, aber starke Blitzgeräte sind dabei nochmal erheblich wirkungsvoller. Man muss die Lichtmenge des gewollten Lichtes möglichst groß im Vergleich zur Lichtmenge des Störlichts kriegen. Einfach nur länger zu belichten wäre hier trotz unbewegtem Motiv nicht zielführend, weil die längere Belichtung immer auch das Störlicht mitverstärkt.

Die Option längerer Belichtungszeit hat man ohnehin nicht mehr, sobald das Motiv sich bewegt – wie es typischerweise bei Menschen und Tieren der Fall ist. Mit längeren Belichtungszeiten als 1/100 Sekunde kann selbst ein scheinbar ruhiges Porträt bereits verwackeln.
Dieser Wert von 1/100 Sekunde, den ich hier im Artikel zum Vergleich heranziehe, ist allerdings nur ein sehr grober Richtwert für mittlere Ansprüche. Es gibt Fotografen, die kleine Verwacklungen nicht schlimm finden und ein Porträt auch mal mit 1/80 oder 1/60 Sekunde aufnehmen. Wenn aber keinerlei Verwacklung akzeptabel ist und man womöglich mit sehr hoch auflösenden Kameras arbeitet, muss man selbst für ruhige Porträts bereits auf 1/250 Sekunde und kürzer gehen. Sollen schnellere Bewegungen eingefroren werden (z. B. für Fotos einer Tänzerin), können Belichtungszeiten von 1/1000 Sekunde und noch kürzer notwendig werden. Spätestens hier wird ein Blitz mit kurzer Leuchtdauer extrem vorteilhaft. Für noch etwas speziellere Anwendungen (etwa das Einfrieren eines zerplatzenden Luftballons) braucht man sogar ultrakurze Leuchtdauern von 1/25.000 Sekunde und weniger – und zwar als echte Leuchtdauern ohne Schlitzverschluss- oder Rolling-Shutter-Effekt. Das geht beim heutigen Stand der Technik dann definitiv nur mit Blitz.

Mittlerweile werden LED-Dauerlichtleuchten angeboten, die als Extra eine sogenannte LED-Blitzfunktion haben. Das ist eine durchaus interessante Entwicklung, aber es handelt sich bisher mehr um ein starkes kurzes Dauerlicht. Bisher können solche LED-Blitzfunktionen weder mit der hohen Lichtausbeute noch mit der kurzen Einfrierzeit herkömmlicher Blitzgeräte mithalten.

Qualitätskompromisse wegen Dauerlicht

Man mag sich fragen, wie es Fotografen überhaupt möglich ist, mit mäßig teuren LED-Dauerlichtquellen im Studio Personen scharf zu fotografieren. Schließlich wird das heute dauernd gemacht und funktioniert in der Praxis anscheinend problemlos – allen genannten technischen Hürden zum Trotz. Die simple Antwort lautet: Es funktioniert durch Eingehen von wohlkalkulierten Qualitätskompromissen.

Moderne „Vollformat“-Kameras verzeihen ja durchaus auch mal ISO 3200 oder mehr; Werte bis ISO 800 gelten sowieso als völlig unproblematisch für 99 % aller Einsatzzwecke. Das Fotografieren mit Blende 1,4 bis 2,8 ist dank moderner Augen-Autofokusse auch für bewegte Motive gut nutzbar und zudem ist geringe Schärfentiefe als Effekt schwer in Mode; die früher üblichen Studioblenden wie 11 oder 16 sind inzwischen die Ausnahme (nicht zuletzt auch wegen drohender Beugungsunschärfe an hochauflösenden Kameras – wobei man die Beugungsunschärfe in der Praxis nicht überbewerten sollte).

Wenn selbst Offenblende nicht ausreicht und die Lichtmenge noch knapper ist, kann man den Zwischendiffusor aus der Softbox rausnehmen und das etwas härtere Licht akzeptieren. So kommt man auch mit bezahlbaren Dauerlichtquellen noch auf hinreichend kurze Belichtungszeiten, um Menschen im Nahbereich ohne sichtbare Verwacklung abzulichten.

Eine weitere Option: Man benutzt ein Stativ oder den Bildstabilisator, verlängert die Belichtungszeit auf 1/50 Sekunde und bittet das Model, möglichst still zu sitzen. Selbst mit 1/25 Sekunde kann am Ende noch ein ausreichend scharfes Bild dabei sein, wenn man zur Sicherheit von jedem geplanten Motiv gleich mehrere Versuche macht. Das ist dann zwar mehr Improvisation als professionelles Fotografieren, aber am Ende zählt das Ergebnis.

Doch je kürzer die erforderliche Belichtung wird (wie im Beispiel der Tänzerin) und je größer der nötige Beleuchtungsabstand, desto schwerer wiegen natürlich die für Dauerlicht nötigen Kompromisse – oder man muss für entsprechend starkes Dauerlicht sehr viel tiefer in die Tasche greifen. Dann greifen die meisten Fotografen doch lieber wieder zum Blitz.

Ist Dauerlicht wirklich noch so schwach im Vergleich zu Blitz?

Ein gängiger Vergleichsmaßstab für die Helligkeit von Lichtquellen ist die Sonne. Der Vergleich ist aber schwierig. Denn anders als das natürliche Sonnenlicht, das aufgrund der großen Entfernung der Sonne zur Erde keinen sichtbaren Lichtabfall in der Tiefe zeigt, nimmt die Helligkeit irdischer Lichtquellen (egal ob Blitz oder Dauerlicht) mit der Entfernung rapide ab: In doppelter Entfernung steht nur noch ein Viertel der Helligkeit zur Verfügung. Also wenn man mit einer bezahlbaren LED-Leuchte samt Lichtformer z. B. in 1,50 Metern Entfernung auf eine Belichtungszeit von 1/100 Sekunde kommt, muss man in 3 Metern Entfernung bereits 1/25 Sekunde lang belichten (oder den Blendenwert halbieren, oder den ISO-Wert vervierfachen). Das liegt an der „kugelförmigen“ Ausbreitung des Lichtes, die sich in der Nähe der Lichtquelle besonders stark auswirkt. Ein Licht-Setup, das für Kopfporträts noch ausreichend hell ist, kann daher im Hinblick auf Ganzkörper-Fotos oder das Ausleuchten etwas größerer Szenarien schon heftige ISO-Kompromisse erfordern oder ganz versagen. Insofern sind pauschale Aussagen zur Helligkeit bestimmter Leuchten mit Vorsicht zu genießen. Gerade die verbreiteten Lux-Angaben (siehe Dauerlicht-Eigenschaften) sind problematisch. Messtechnisch kommt man ja auch mit sehr schwachen Leuchten auf große Helligkeit, wenn man einen engen Abstrahlwinkel hat, auf streuende Lichtformer verzichtet und den Abstand zum Motiv auf einen halben Meter und weniger reduziert – und genau das machen unseriöse Leuchtenhersteller in ihrer Werbung. Praxisgerecht fürs Fotografieren ist das freilich nicht.

Wer ein stark limitiertes Budget hat, kriegt für sein Geld nur ganz kleine LED-Leuchten mit bestenfalls 10 Watt Leistungsaufnahme. Die waren ursprünglich nur als leichtes Kopflicht für die Montage auf Videokameras gedacht, werden nun aber trotzdem auch im 2er-Set mit Stativen und Schirmen verkauft. In Online-Angeboten werden diese Sets dann so präsentiert, als könne man sie für professionelle Modefotos und dergleichen benutzen. Wer das ausprobiert, wird aber schnell merken: Alles, was über das Fotografieren starrer Objekte und/oder das Fotografieren im Nahbereich hinausgeht, wird damit schwierig. Selbst für Kopfporträts mit noch relativ kurzem Beleuchtungsabstand muss man schon ordentlich an der ISO-Schraube drehen. An gleichmäßig ausgeleuchtete Ganzkörper-Fotos ist nicht zu denken.
Wenn man in etwa so viel ausgeben kann wie für einfache Studioblitze (sagen wir mal: bis 250 Euro pro Gerät), sieht die Lage schon deutlich besser aus. Verwendet man z. B. mehrere LED-Leuchten mit je 150 Watt Leistungsaufnahme (deren Helligkeit entspricht Halogenleuchten von fast 1500 Watt), kriegt man subjektiv schon ein gut helles Licht. Selbst mit Softboxen davor bleibt noch viel Helligkeit übrig. Man hat das Gefühl, es sei in dem Raum mindestens so hell wie draußen an einem sonnigen Tag – aber der erste Eindruck verflüchtigt sich, sobald man den Nahbereich verlässt. Die Leuchten sind mit Softboxen und in zwei Metern Abstand sicherlich stark genug, um bei vertretbaren ISO-Werten und offener Blende auf hinreichend kurze Belichtungszeiten für ein scharfes Porträt zu kommen. Doch von der Helligkeit eines Sonnentages im Freien, wo man bei ISO100 und Blende 8 immer noch 1/1000 Sekunde erzielen kann, ist man noch weit entfernt.
Natürlich kann man auch noch wesentlich stärkere LED-Leuchten kaufen. Mit drei bis vier Leuchten zu je 500 Watt LED (das entspricht dann 4000 bis 5000 W Halogen pro Leuchte) sieht sich Sache ziemlich gut aus und man kann in üblichen Wohnräumen locker mit einem mittleren Tageslicht in Freien konkurrieren. Nur leider bezahlt man für diese enorme Dauerlicht-Helligkeit rund dreimal so viel wie für ordentliche Studioblitze – und muss zudem das doppelte Gewicht schleppen, weil die Kühlung dieser großen LED-Leuchten so aufwendig ist. Der Effekt, sich geblendet zu fühlen sowie das weiter oben beschriebene Augenkneif-Problem wird übrigens auch größer, je stärker die Leuchten sind. Kennt man ja auch vom Fotografieren im Freien, wenn die fotografierte Person direkt in die Sonne schaut.

LED-Dauerlicht ist also in Sachen Helligkeit längst nicht mehr so eingeschränkt wie z. B. die früher üblichen Halogenleuchten – für deren Helligkeit schon allein die Sicherungen im Haus enge Grenzen setzten. Aber viel Dauerlicht von guter Qualität kostet immer noch viel Geld. Oft ist LED-Equipment für die idealerweise gewünschte Helligkeit zu teuer in der Anschaffung, zu schwergewichtig für den Transport oder zu stromfressend für längere mobile Einsätze. Manchmal will man einfach die fotografierten Personen nicht so stark blenden. Wenn man in diesen Fällen nicht zu deutlichen Helligkeitskompromissen (und somit Qualitätskompromissen) bereit ist, schlägt dann doch wieder die Stunde der Blitze. Die Ausbreitungseigenschaften der Blitzlichts sind zwar dieselben wie beim Dauerlicht (also auch hier verliert man rund drei Viertel der Helligkeit mit Verdoppeln der Entfernung), aber die Reserven im Hinblick auf bewegte Motive sind nach wie vor viel größer. Wenn man mit Studioblitzen an den Punkt kommt, wo man erste kleine Zugeständnisse in Sachen ISO-Wert oder Blendenöffnung eingehen muss, hat man mit vergleichbar teurem LED-Dauerlicht diese Reserven längst bis zum Anschlag ausgereizt. Das gilt im Prinzip für alle Preisklassen.

Wo Dauerlicht seine Stärken ausspielt

Studioblitze zu verwenden ist ein klein wenig aufwendiger als die Verwendung von Dauerlicht. Die Blitzgeräte müssen synchron zur Aufnahme ausgelöst werden (per Kabel, Funk oder IR-Licht – siehe auch Eigenschaften von Blitzgeräten). Außerdem muss man die Belichtung vorher austesten und kann nicht den normalen Kamera-Belichtungsmesser oder gar die Kameraautomatik verwenden. Für den geübten Anwender, der im Hinterkopf ein paar technische Grundlagen hat, ist das alles kein großes Thema und benötigt auch kaum extra Zeit. Aber dem interessierten Einsteiger wird Dauerlicht stets als die narrensicherere Variante erscheinen. Erst recht gilt das für die Zielgruppe der Gelegenheitsknipser, die trotz Studio-Ambitionen noch keine Lust auf Beschäftigung mit Fototechnik verspüren. Sie werden ganz stark zu Dauerlicht tendieren und sich nur schwer zu Blitzgeräten überreden lassen (von TTL-gesteuerten Automatikblitzen mal abgesehen, die ja auch ihre Nachteile haben – wie unter Eigenschaften von Blitzgeräten genauer erläutert).

Das klingt jetzt erst mal so, als sei Dauerlicht die müde Behelfslösung für technische Warmduscher. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Dauerlicht hat durchaus auch handfeste Vorzüge gegenüber Blitz – und immer mehr Profifotografen legen sich zumindest als Ergänzung ihrer Blitzausrüstung noch ein Sortiment LED-Dauerlichtquellen zu. Ein paar sind sogar schon komplett umgestiegen. Je nach persönlichen Vorlieben des Fotografen, je nach Verwendungszweck der Aufnahmen und je nach konkreten Motivbereichen kann durchaus auch mal das Dauerlicht die objektiv bessere Alternative sein – selbst für bewegte Motive wie Menschen oder Tiere.

Naheliegendstes Beispiel sind Bilder, in denen eine gewisse Bewegungsunschärfe gewünscht ist, um Dynamik zu zeigen. Diese Steuermöglichkeit hat man nur mit Dauerlicht, da sich die Blitz-Leuchtdauer nicht beliebig erweitern lässt.

In der Porträtfotografie nicht zu unterschätzen ist auch die psychologische Komponente aufgrund des sichtbaren Blitzlichtes. Man kann zwar Studioblitz relativ unauffällig halten (mit starkem Einstelllicht und eher niedrig eingestellter Blitzenergie), so dass viele Fotografierte den Blitz nicht mehr bewusst wahrnehmen. Aber empfindliche Gemüter fühlen sich durch den Blitz trotzdem noch in ihrer Konzentration gestört.
Manchmal wollen Fotografen den Porträtierten bewusst keinen Hinweis geben, wann konkret die Auslösung erfolgt. Das soll (in der Theorie) zu Bildern führen, auf denen die Personen entspannter aussehen – weil sie nicht immer auf die nächste Auslösung hinwarten. Neben Benutzung des lautlosen elektronischen Verschlusses braucht man dazu eben eine blitzfreie Beleuchtung.

Häufige Ablehnung erfährt das Blitzen auch in der Baby-Fotografie. Die besagten Tricks, um das Blitzlicht unauffällig zu halten (siehe oben) funktionieren eigentlich auch für Babys und ihre Eltern. Zudem gibt es von medizinischer Seite keine Hinweise, dass Kleinkinder durch Blitzlicht irgendeinen Schaden nehmen könnten; bereits Generationen von Kindern haben das gelegentliche Angeblitztwerden ohne Spätfolgen überstanden. Aber wenn die Eltern halt übervorsichtig sind und auf gar keinen Fall wollen, dass ihre Säuglinge angeblitzt werden, muss der Fotograf das respektieren. (Ob dem Baby ein grelles Dauerlicht besser gefällt als ein paar dezente Blitze, sei dahingestellt. Aber das Baby wird ja nicht gefragt.)

Ein weiterer technischer Grund, warum einige Porträtfotografen gern mit Dauerlicht arbeiten, ist die Möglichkeit schneller Bildfolgen („Dauerfeuer“) wie in der Sportfotografie. Sie versuchen damit, in einem dynamischen Aufnahmeprozess den Augenblick mit der besten Pose oder dem optimalen Gesichtsausdruck zu erwischen. Mit Blitz ist das nur stark eingeschränkt möglich. Einfache Aufsteckblitze benötigen teils etliche Sekunden fürs Nachladen, die meisten Studioblitze kommen in mittlerer Einstellung auf vielleicht ein Bild pro Sekunde. Um mit Blitzgeräten drei oder mehr korrekt belichtete Bilder pro Sekunde zu schaffen, muss man schon teure Hochleistungs-Studioblitze verwenden und zusätzlich die Blitzenergie auf einen Bruchteil herunterregeln. Dagegen mit Dauerlicht gibt es keine solche Einschränkung. Selbst wenn eine moderne Kamera 20 oder mehr Bilder pro Sekunde schafft, kann man das mit Dauerlicht voll ausreizen.

Es gibt Kameras oder Kamera-Modi, die von vornherein nur mit Dauerlicht funktionieren. Man denke an Handykameras und einfache Kompaktkameras, die keinen externen Blitz ansteuern können. In der Produkt- und Repro-Fotografie werden manchmal hochauflösende Scannerkameras verwendet, die prinzipbedingt Dauerlicht benötigen. Auch die Sensorshift-Funktionen, mit denen Kameras die nutzbare Auflösung durch Verschieben des Bildsensors erhöhen können, arbeiten an manchen Kameramodellen nicht mit Blitz zusammen.

Ein letztes, aber nicht weniger wichtiges Argument zugunsten von Dauerlicht ist das Thema Video (siehe auch der nächste Artikel). Foto-Dauerlichtleuchten kann man, sofern ihre Lüftergeräusche nicht zu sehr stören, jederzeit auch für Videozwecke verwenden. In vielen Bereichen gibt es heute ja hybride Workflows. Da liegt es nahe, dasselbe Licht, mit dem man eine Videoszene ausgeleuchtet hat, hinterher auch noch für die Erstellung von Standfotos zu nutzen und nicht erst alles auf Blitz umzubauen.

Das Einstelllicht und seine Grenzen

Mit Dauerlicht bekommt man sofort eine Vorschau aufs Ergebnis und kann Schattenverläufe und Reflexionen vorab beurteilen, während dies beim Blitzen erst hinterher sichtbar wird. Schwierige Lichtaufbauen (z. B. wenn man störende Reflexe beseitigen muss) sollten mit Dauerlicht eigentlich einfacher zu meistern sein als mit Blitzen. Allerdings verfügen alle Studioblitze über ein sogenanntes Einstelllicht, um das Manko auszugleichen: Der Blitz enthält neben der Blitzröhre auch eine Dauerlichtquelle. An älteren Studioblitzen ist das meist eine Glühbirne oder Halogenlampe, an aktuellen Geräten eine fest eingebaute Mono-LED.

Wenn man an nahezu derselben Position wie die Blitzröhre auch ein (mittelstarkes) Dauerlicht hat, kann man die Beleuchtungscharakteristik bereits vor der Blitzauslösung gut sehen. Für die eigentliche Belichtung steht dann trotzdem das vielfach stärkere Blitzlicht zur Verfügung. Man könnte auch sagen: Im Studioblitz vereint man einige der Vorzüge von Dauerlicht und Blitz in einem einzigen Gerätetyp.

So toll die Idee des Einstelllichtes ist und so nützlich es oft sein kann: Ganz so perfekt, wie es die Theorie vorgibt, klappt es dann in der Praxis aber doch nicht immer.
Eine erste Einschränkung besteht darin, dass Blitzröhre und Halogenlampe bzw. LED eben nur näherungsweise dieselbe Position haben und nicht hundertprozentig deckungsgleich leuchten. Sobald der Blitz in einem streuenden Lichtformer (z. B. einer Softbox) steckt, merkt man das nicht mehr. Aber bei Verwendung offener Reflektoren kann sich die Charakteristik von Einstelllicht und Blitz durchaus unterscheiden.
Wenn man mehr als ein einzelnes Blitzgerät verwendet, stimmt auch die Proportionalität der Blitze zu den Einstelllichtern nicht mehr in jedem Fall. An vielen Studioblitzen kann man das Einstelllicht zwar auf „proportional“ schalten, aber bei niedrigen Einstellungen wird die Sache schon ziemlich düster und nutzlos, so dass die Anwender dann auf die 100-Prozent-Einstellung ausweichen müssen. Doch wenn man alle Einstelllichter fix auf 100 Prozent schaltet, entsprechen die Helligkeiten nicht mehr unbedingt dem Verhältnis der eingestellten Blitzstärken, wodurch man z. B. den Helligkeitsunterschied zwischen Führungslicht und Aufhellung nicht mehr beurteilen kann.
Wenn die Blitzgeräte eine komplett unabhängige Einstellung von Blitz und Einstelllicht erlauben, kann man die Proportionalität manuell herstellen. Doch dieses Verfahren erfordert sehr viel Mitdenken und Kopfrechnen und ist entsprechend fehleranfällig.
Sobald es im Raum außer den Blitzgeräten noch weitere Lichtquellen gibt, stimmt die Proportionalität sowieso nicht mehr. Dasselbe gilt, wenn man draußen bei Tageslicht zur Aufhellung blitzt. Da kann man das Einstelllicht dann im Grunde auch gleich ausschalten. 

Zu den Vorzügen der Digitalfotografie gehört ja, dass man das Bildergebnis unmittelbar nach der Aufnahme auf dem Kameradisplay oder ggfs. auf einem angeschlossenen Tether-Bildschirm beurteilen kann. Insofern ist man auf das Einstelllicht nicht mehr so stark angewiesen wie früher in der analogen Fotografie, wo eine Beurteilung des Ergebnisses nur mittels teurer Polaroids möglich war. Als Ergänzung ist das Einstelllicht aber nach wie vor willkommen. Zur Vermeidung schwer planbarer Lichtfehler (wie z. B. Reflexionen in Brillengläsern, die sich je nach Kopfhaltung der fotografierten Person ändern) ist das Einstelllicht, selbst wenn es sich nicht perfekt proportional zum Blitz verhält, nach wie vor eine große Hilfe.
Eine absolute Proportionalität, die sich auch auf die Kombination mit weiteren Lichtquellen erstreckt, kann es freilich nur mit Dauerlicht geben. Wobei bezahlbares Dauerlicht in der Regel gar nicht stark genug ist, um z. B. gegenüber der direkten Sonne viel auszurichten. Einen der Nachteile hat man also immer.

Spektrale Eigenschaften und Flimmern von LED-Leuchten

Wenn man hohe Anforderungen an die spektralen Eigenschaften des Lichtes stellt (z. B. um sicherzustellen, dass Hauttöne und Produktfarben originalgetreu reproduzierbar sind), ist Blitzlicht immer noch leicht im Vorteil gegenüber LED-Dauerlicht. Während Blitzgeräte von Haus aus ein nahezu dem Tageslicht identisches Lichtspektrum ohne Lücken erzeugen, produzieren weiße LEDs immer noch ein wenig Überschuss im Blau-Bereich und haben Schwächen im Türkis- und Rot-Bereich. Außerdem weichen manche LEDs farblich von der Farbtemperaturskala ab und zeigen Farbstiche in Richtung Grün oder Magenta – was für das Mischen mit echtem Tageslicht oder mit Leuchten anderer Hersteller zum Problem werden kann.

Ein weiterer möglicher Nachteil von Dauerlicht ist das Flimmern. Wenn z. B. eine billige LED-Lichtquelle 100-mal pro Sekunde heller und wieder dunkler wird, kann dies in Verbindung mit kurzen Belichtungszeiten zu schwankender Belichtung führen. Es ist ja dann nur Zufall, welche Helligkeitsphase man gerade erwischt. (Nur wenige Profikameras bieten hierfür eine Kompensationsschaltung.) Mit Blitz passiert sowas nicht, weil sich die Blitzauslösung von vornherein an der Kamera orientiert.
Noch schlimmer können die Auswirkungen flimmernder Lichtquellen sein, wenn man Fotokameras mit elektronischem Verschluss benutzt. Durch den sogenannten Rolling Shutter kriegt man dann hellere und dunklere Querstreifen ins Bild. Ein unmittelbarer Nachteil gegenüber Blitzgeräten ist das aber nicht – denn an den allermeisten Kameras geht das Blitzen von vornherein nur in Verbindung mit dem mechanischem Verschluss.

Es gibt in dieser Artikelreihe separate Artikel zum Thema Lichtflimmern sowie zu den Themen Lichtfarbe, Spektrum, CRI und TLCI. Dort wird die Problematik jeweils ausführlicher und grundlegend dargelegt.

Fazit 

Dauerlicht ist für unbewegte Motive problemlos nutzbar. Es hat dort unterm Strich weder große Vorteile noch große Nachteile gegenüber dem Blitz und ist eher eine Frage persönlicher Vorlieben.
Für das Fotografieren bewegter Objekte verlangt Dauerlicht, wenn es praktikabel nutzbar und gleichzeitig bezahlbar bleiben soll, nach wie vor nach gewissen Qualitätskompromissen. Wer ein bewegtes Objekt so hochauflösend und rauschfrei wie möglich fotografieren und hinterher auf Postergröße drucken lassen will, wird mit bezahlbarem Dauerlicht wahrscheinlich nicht glücklich. Aber für ganz viele andere Zwecke spielen die genannten Qualitätskompromisse eine wesentlich geringere Rolle – oder werden erst gar nicht sichtbar. Man denke an Druck in Kleinformaten oder an gängige Web-Präsentationen, in denen man ISO100 fast nicht mehr von ISO6400 unterscheiden kann, und wo kleinere Verwacklungen oder eine zu knappe Schärfentiefe nicht besonders auffallen.

Durch die Weiterentwicklung von Kameras (Stichwort ISO-Rauschen) und auch durch den Preisverfall der LED-Technik wird wohl in den nächsten Jahren das Dauerlicht an Bedeutung zunehmen und in weiteren Bereichen das Blitzlicht ablösen. Es wird zwar auf absehbare Zeit immer noch Anwendungen geben, in denen das Blitzlicht klar überlegen ist – aber das könnten irgendwann nur noch Nischenbereiche sein. Wäre also gut möglich, dass schon in naher Zukunft das LED-Dauerlicht zum täglich genutzten Standard in Fotostudios wird, während die Blitzgeräte nur noch für besondere Zwecke rausgeholt werden. Bisher ist es bei den meisten Fotografen umgekehrt, und das aus gutem Grund.

Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: Februar 2022
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Artikel dieser Reihe: Übersicht – Blitz oder Dauerlicht fürs Fotostudio? – Sorten und Eigenschaften von Dauerlicht-Leuchten – Sorten und Eigenschaften von Blitzgeräten – Lichtfarbe, Spektrum, CRI und TLCI – Lichtflimmern und sein Einfluss auf Foto und Video – Leuchtdauer von Blitzgeräten – Stromversorgung: Netzbetrieb oder Akku