Die Mehrzahl der Fälle natürlicher Polarisation basieren auf Spiegelungen an nichtmetallischen Oberflächen wie z. B. Glasscheiben, Wasseroberflächen, glänzend oder seidenglänzend lackierten Gegenständen etc.
Es gibt da nämlich ein physikalisches Phänomen:
Wird Licht an einer nichtmetallischen Oberfläche in einem ganz bestimmten Winkel ("Brewster-Winkel") reflektiert, wird eine der Polarisationsrichtungen ausgelöscht.
Weicht der Winkel vom Optimum ab, fällt der Effekt entsprechend schwächer aus und die Auslöschung ist nicht vollständig.
Bei genau senkrechter Spiegelung tritt der Effekt überhaupt nicht mehr auf und das Licht wird unpolarisiert reflektiert.
Ebenfalls wirkungslos ist der Polfilter bei metallischen Spiegelungen, und zwar unabhängig vom Winkel. Die Oberfläche von Metallen besitzt keine polarisierende Wirkung.
Ein paar Beispiele für Licht-Einfallswinkel, in denen die maximale Polarisation auftritt:
- Glas 25° bis 35° (je nach Sorte)
- Plexiglas 34°
- Wasser 37°
- Lack 30° bis 36° (je nach Sorte)
(Hinweis für die Physik-Experten: Der Brewster-Winkel nach physikalischer Definition wird ausgehend von der Senkrechten angegeben. Für die fotografische Praxis nützlicher ist jedoch die Angabe des Einfallswinkels α = 90° - Brewster.)
Angenommen, bei einer Spiegelung wird Licht der horizontalen Polarisation ausgelöscht und nur Licht mit vertikaler Polarisation gespiegelt, dann können wir mit einem Polarisationsfilter die vertikale Polarisation sperren und somit die Spiegelung vollständig entfernen. Der Rest des Motivs bleibt sichtbar, weil es ja aus unpolarisiertem (gemischtem) Licht besteht und der Polarisationsfilter immer noch den horizontalen Anteil durchlässt.
Trifft Licht auf Hindernisse (z. B. Flüssigkeiten, Gase, matte Festkörper) , tritt eine Streuung auf: Die Lichtwelle geht von dem Punkt, an dem sie gestreut wird, in mehrere andere Richtung(en) weiter.
In aller Regel bleibt gestreutes Licht unpolarisiert. Es gibt aber Ausnahmen, und die können interessant sein: Bei bestimmten Wellenlängen des Lichtes und bestimmter Beschaffenheit der streuenden Moleküle kann eine Polarisation stattfinden; es kann dabei entweder das abgelenkte Licht oder das nicht abgelenkte Licht polarisiert werden.
Bekanntestes Beispiel für Streuungs-Polarisation in der Natur ist die Lichtstreuung an Luftmolekülen, die den blauen Himmel erzeugt. Im richtigen Betrachtungswinkel (90° zum Sonneneinfall) können wir dort polarisiertes Licht vorfinden und dieses mit Hilfe eines Polarisationsfilters vor der Kamera auslöschen, wodurch ein Effekt entsteht.
Die nebenstehende Grafik zeigt den Effekt zur Vereinfachung zweidimensional.
Es gibt halbdurchsichtige Stoffe, deren molekulare Struktur nur Licht einer bestimmten Polarisationsrichtung passieren lässt und Licht der anderen Polarisationsrichtung absorbiert. Solche Stoffe lassen sich gezielt herstellen; auf dieser Grundlage funktionieren die gängigen Polarisationsfilter.
Der Vollständigkeit halber sei auch diese dritte Variante der natürlichen Polarisation erwähnt: Bestimmte durchsichtige Stoffe brechen das Licht doppelt, d. h. beim Durchschauen sieht man den Hintergrund mit leichtem Versatz zweimal übereinander. Dabei ist das eine dieser Bilder horizontal polarisiert und das andere vertikal, so dass man mit einem Polfilter jeweils eines davon ausblenden kann. Die Doppelbrechung ist ein interessanter Effekt. Allerdings hat sie für die fotografische Praxis keine nennenswerte Bedeutung.
Für manche fotografische Zwecke kann es sinnvoll sein, polarisiertes Licht eigens herzustellen. Hierzu nutzt man jeweils eine Form der natürlichen Polarisation, die für technische Zwecke optimiert wird. Am einfachsten einzusetzen und daher am meisten verbreitet ist die Benutzung von Polarisations-Filterfolien (Absorptions-Prinzip) vor der Lichtquelle.
Auch LC-Displays (egal ob in Form einer Digitaluhr oder in Form eines Flachbildfernsehers) arbeiten mit Polfiltern und geben daher polarisiertes Licht ab. Man kann das ganz leicht mit einem zusätzlich davorgehaltenen Polarisationsfilter testen.
Wird Licht direkt reflektiert (gespiegelt), bleibt die Polarisation erhalten. Wird Licht remittiert (von einer matten Oberfläche gestreut), geht die Polarisation verloren, d. h. das remittierte Licht enthält wieder eine gleichmäßige Mischung aller Polarisationsrichtungen.
An "seidenmatten" Oberflächen hat man es mit einer Mischung aus Reflexion und Remission zu tun, daher wird ein Teil des Lichtes samt Polarisation reflektiert und ein Teil unter Verlust der Polarisation remittiert.
Ferner gibt es bestimmte chemische Stoffe, die Polarisationen drehen können. Im Einzelfall können auch äußere Einflüsse wie Temperatur, mechanische Spannung oder das Anlegen von elektrischer Spannung Einfluss auf die polarisierenden Eigenschaften haben.
Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: August 2011
IMPRESSUM
DATENSCHUTZERKLÄRUNG
Einführung und Funktionsprinzip
Entstehung und Ausbreitung von polarisiertem Licht
Praktische Anwendung von Polfiltern
Anwendungen: Spiegelungen beseitigen oder verstärken
Anwendungen: Farben und Kontraste verbessern
Anwendungen: Glitzern auf Ölbildern beseitigen
Anwendungen: Direkten Blitz entschärfen (Guerilla-Methode)
Kaufberatung: Linear oder zirkular?
Kaufberatung: Billig oder teuer?