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Fazit: Wann braucht man Polarisationsfilter wirklich?

Zum Abschluss und als Ergänzung folgt nun noch mein persönliches Fazit zum Wert von Polarisationsfiltern. Ich verwende seit Jahren Polfilter in verschiedenen Situationen. Während der Arbeit zu dieser Artikel-Serie habe ich jedoch erstmals gezielte Vergleiche angefertigt, und darin lag doch noch die eine oder andere Überraschung.

Im Fall von Spiegelungen funktionieren Polarisationsfilter ganz hervorragend. Das Entfernen oder Verstärken von Spiegelungen ist ein Effekt, der über nachträgliche Bildbearbeitung entweder gar nicht oder nur mit sehr großem Arbeitsaufwand zu erzielen wäre. Hier ist ein optischer Polfilter also trotz digitaler Technik noch äußerst wertvoll. Zwar ist die Wirkung winkelabhängig, aber den Spiegelungswinkel kann man als Fotografierender leicht kontrollieren.

Wenn man den optimalen Winkel gefunden hat, bekommt man - und davon war ich selber positiv überrascht - eine Spiegelung so gut wie vollständig weg. Zu sehen ist das etwa in diesem Beispiel, wo man glatt den Eindruck bekommt, die Seitenscheibe des Autos sei gar nicht mehr vorhanden.

Eine Verbesserung von Farben, die auf dem Entfernen von Lichtspiegelungen beruht (wie auf dieser Seite im Bild mit dem Gartenzaun) ist ein ähnlicher Effekt.

Mit der Anwendung gekreuzter Polfilter vor Objektiv und Lichtquelle sind ebenfalls phantastische Ergebnisse erzielbar (etwa das Entfernen von Glitzern aus einem abfotografierten Ölgemälde). Durch digitale Bearbeitungen ersetzen lassen auch sie sich kaum (dazu müsste man die Reflexpunkte einzeln retuschieren).

Doch nun zur weniger positiven Überraschung. Am häufigsten empfohlen werden Polfilter ja zur Verbesserung von Himmelblau bzw. Himmel-Wolken-Kontrast. Meine praktischen Versuche haben diesen Effekt im Prinzip bestätigt, allerdings war ich doch enttäuscht, wie gering die Wirkung meist ausfällt. Um ein richtig deutliches Beispiel wie hier zu bekommen, muss man erst mal den passenden Sonnenwinkel erwischen - und das gelingt unter gegebenen Lichtbedingungen nur selten.
Gerade von dieser "Paradedisziplin" des Polfilters bin ich also ernüchtert. Da habe ich mich gefragt, warum ich bisher eine viel stärkere Wirkung angenommen hatte, und in diesem interessanten Artikel fand ich eine Erklärung: Man vergleicht beim Fotografieren nie Bilder mit/ohne Polfilter, sondern stets mit Polfilter in schwächster/stärkster Einstellung. Allerdings führt die "schwächste" Einstellung des Polfilters zu einer realen Verschlechterung des Himmel-Wolken-Kontrastes gegenüber einer Aufnahme ohne Filter, so dass der sichtbare Unterschied sich verdoppelt und damit die Wirkung des Filters stärker erscheinen lässt. Das ist so, als würde man jemandem 20 Euro schenken, ihm aber vorher heimlich 10 Euro stehlen.
Eine andere mögliche Erklärung für die Überschätzung der Polfilter-Wirkung auf blauen Himmel könnte darin liegen, dass wir meist fertige Bilder ohne Vergleich zu sehen kriegen. Je nach Wetter- und Lichtbedingungen und bei etwas knapper Belichtung kann aber ein Himmel auch ohne Polfilter schon sehr satt erscheinen, und der Anteil des Polfilters am fertigen Effekt ist dann vielleicht weniger groß als angenommen.

Der abdunkelnde Effekt auf den Himmel ist, sofern der Licht-Einfallswinkel gerade passt, zweifellos vorhanden, und er war für die analoge Dia-Fotografie sehr bedeutsam. Für die Digitalfotografie funktioniert er noch genauso, jedoch ist die Bedeutung geringer. Denn wenn es nur darum geht, die Farbe Blau gegenüber dem Rest abzudunkeln, lässt sich ein ganz ähnlicher Effekt auch mit Bildbearbeitung erreichen; dieser Weg hat zudem den Vorteil, dass die Wirkung übers Bildfeld gleichmäßiger ist und vom Sonnen-Einfallswinkel unabhängig funktioniert.
Ich habe zum Test das oberste Bildbeispiel von dieser Seite genommen und die ohne Polfilter aufgenommene Variante in PhotoLine bearbeitet. Mit dem Werkzeug Farbton/Sättigung habe ich das mittlere Himmelblau angeklickt und dann die Helligkeit reduziert sowie die Sättigung erhöht; diese Bearbeitungsschritte sind in wenigen Sekunden erledigt. Fahren Sie mit der Maus über das Beispiel, um den Unterschied zur echten Polfilter-Aufnahme zu sehen.

Das Ergebnis ist natürlich nicht 100-prozentig identisch, aber aus meiner Sicht nicht schlechter. Bedenkt man auch noch, dass für die Aufnahme mit Polfilter eine um zwei Blendenstufen hellere Belichtung sowie ein erhöhter Zeitaufwand nötig war, spricht eigentlich nicht mehr viel dafür, solche Aufnahmen künftig noch mit Polfilter zu machen.
Es mag einzelne Fälle geben, wo die Bildbearbeitung etwas aufwendiger ist (z. B. wenn im Vordergrund noch blaue Motivteile vorhanden sind, die dann mit der genannten Methode ungewollt mitbearbeitet würden). Aber umgekehrt gibt es auch Fälle, wo ein Polfilter neben der Wirkung auf den blauen Himmel noch eine unerwünschte Entspiegelung oder Spiegelungsverstärkung in bestimmten Motivteilen verursacht.

Der mögliche Effekt des echten Polfilters ist begrenzt (je nach Sonnenstand, geografischer Lage etc.). Für die Bildbearbeitung gelten solche klaren Grenzen nicht - wobei die Nachbearbeitung trotzdem nicht übertrieben werden sollte, weil bei zu heftiger Abdunklung des Himmels hässliche Lichtsäume entstehen können.
Zur Demonstration habe ich die Einstellungen für Helligkeit und Sättigung hier so gewählt, dass das Ergebnis dem echten Polfilter-Bild möglichst nahe kommt. Aber ich hätte den Himmel auch noch etwas dunkler und/oder satter machen können.
Um einen maximalen Effekt zu erzielen und dabei die besagten Lichtsäume zu minimieren, könnte man auch Polfilter und Nachbearbeitung miteinander kombinieren. Das Ergebnis sieht dann nicht mehr sehr natürlich aus, kann aber als Effekt im Einzelfall auch mal gewünscht sein.

Übrigens habe ich PhotoLine benutzt, weil ich mich damit am besten auskenne. Aber ganz ähnliche Ergebnisse erzielt man natürlich auch mit den meisten anderen Bildbearbeitungsprogrammen und RAW-Konvertern.

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Zusammenfassung:
Die klassische Anwendung des Polfilters, nämlich die Abdunklung von blauem Himmel, funktioniert nach wie vor. Sie ist aber dank der Möglichkeiten digitaler Nachbearbeitung in vielen Fällen entbehrlich geworden. Allenfalls für extreme Effekte könnte man überlegen, Polfilter und Nachbearbeitung gleichzeitig einzusetzen.
Unersetzlich ist der Polfilter weiterhin, wenn es um das Reduzieren von Spiegelungen (und alle daraus abgeleiteten Anwendungen) geht.

Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: April 2017
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Einführung und Funktionsprinzip

Entstehung und Ausbreitung von polarisiertem Licht

Praktische Anwendung von Polfiltern

Anwendungen: Spiegelungen beseitigen oder verstärken

Anwendungen: Farben und Kontraste verbessern

Anwendungen: Glitzern auf Ölbildern beseitigen

Anwendungen: Direkten Blitz entschärfen (Guerilla-Methode)

Anwendungen: sonstige

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Fazit: Wann braucht man Polarisationsfilter wirklich?