Farbmanagement im Betriebssystem
Alle relevanten Bildbearbeitungsprogramme verfügen über eigene Einstellmöglichkeiten fürs Farbmanagement, so dass eine Unterstützung durchs Betriebssystem nicht zwingend erforderlich ist. Dennoch bieten die heutigen Betriebssysteme eine Reihe von Unterstützungen für Farbmanagement an, wobei die Integration in macOS am weitesten geht, gefolgt von Windows. In Linux, Android und iOS sieht es noch etwas schlechter aus. Die Unterschiede sollen hier kurz charakterisiert werden.
Die eigentlichen ICC-Profile (Dateien mit der Endung .icc oder .icm) sind übrigens systemübergreifend einsetzbar. Wie sie im System installiert werden, können Sie hier nachlesen.
In macOS ist das Farbmanagement unter dem Namen "ColorSync" recht gut integriert. Es ist in Sachen Farbmanagement auch das "narrensicherste" Betriebssystem, wobei man das relativ sehen muss - falsch machen kann man auch auf dem Mac noch einiges.
Die Zentrale für alle Farbmanagement-Einstellungen ist dasColorSync-Dienstprogramm. Hier
kann man jedem Monitor, Drucker, Scanner etc. ein Profil zuweisen.
Beim Installieren neuer Geräte wird in der Regel auch gleich ein passendes Profil des Herstellers eingebunden.
Für Monitore kann sogar automatisch ein Profil aus den EDID-Daten des
Monitors erzeugt werden. Das ersetzt zwar nicht die individuelle Kalibrierung/Profilierung, aber es ist doch eine brauchbare Basis, auf der auch Anwender ohne Farbmanagement-Vorkenntnisse
erst mal arbeiten können.
Die Einstellungen in ColorSync gelten in begrenztem Umfang auch für
Bereiche, die selber kein Farbmanagement beherrschen, da ColorSync auch die allgemeinen Systemfarben (Bedienelemente, Fensterränder etc.) steuert. Farbmanagement-Unterstützung durch die einzelnen Anwendungsprogramme ist
jedoch nötig, sobald die Farben von Fotos innerhalb der Programme korrekt gezeigt werden sollen.
Wobei dank Unterstützung durchs Betriebssysten die Zahl dieser Programme
inzwischen relativ hoch ist.
In Programmen, die noch kein Farbmanagement beherrschen, gibt es aber keine korrekten Farben.
Da verhält sich macOS also nicht anders als Windows.
Die ColorSync-Einstellungen kommen hauptsächlich dann zum Einsatz, wenn das Anwendungsprogramm
oder die Einstellung im Druckdialog nichts Abweichendes vorgibt.
Das Monitorprofil übernehmen praktisch alle Anwendungen aus ColorSync.
Das Druckerprofil kann ColorSync sogar unabhängig von den Programmen
selbstständig anwenden; man kann aber auch nach wie vor das
Druckerfarbmanagement der Anwendungsprogramme nutzen. Weniger ausgeprägt ist
die Unterstützung von Scannerprofilen; da bringen die meisten Hersteller noch
ihre eigenen Lösungen ein.
Wenn die Anwendungsprogramme sauber programmiert sind, werden die Einstellungen gut
mit ColorSync abgestimmt.
Der Kern des Farbmanagements unter
Windows ist vergleichbar mit
macOS. Man kann damit innerhalb der entsprechenden Anwendungsprogramme
genauso professionell arbeiten.
Dennoch merkt man, dass Farbmanagement für Microsoft ganz offensichtlich keinen hohen Stellenwert
hat; die Umsetzung rund um die Betriebssystem-Oberfläche und die
Systemprogramme lässt noch sehr zu wünschen übrig. Eine Weiterentwicklung fand
bereits seit Erscheinen von Windows 7 nicht mehr statt. Stellenweise gab
es sogar Rückschritte; man muss heute schon froh sein, wenn nicht noch
mehr Funktionalität gestrichen wird.
Windows besitzt im Gegensatz zu macOS kein Farbmanagement für Systemfarben. Seit Windows 8 ist die Sache sogar schlechter statt besser geworden: Windows macht seither für den Desktop-Hintergrund ein Pseudo-Farbmanagement (d. h. Umrechnung nach sRGB statt ins Monitorprofil). Das kann insbesondere in Verbindung mit hochwertigen Wide-Gamut-Monitoren ein Problem sein, weil dann die Farben übertrieben gesättigt dargestellt werden. Will man einen farblich akzeptablen Hintergrund, muss man zu Tricks geifen (Farben ins Monitorprofil konvertieren und dann das Profil entfernen oder sRGB zuweisen - darauf muss man erst mal kommen). Zum Glück betreffen diese Einschränkungen nur Äußerlichkeiten und nicht die Arbeit in den eigentlichen Bildbearbeitungsprogrammen.
Programme von Microsoft sollte man eher meiden: Während die alte "Windows-Fotoanzeige" noch richtiges Farbmanagement konnte, macht der seit Windows 10 eingesetzte Standard-Bildbetrachter ("Fotos"-App) nur noch Pseudo-Farbmanagement. Genauso traurig steht es um andere Systemprogramme - allen voran die Microsoft-Browser Internet Explorer und Edge. Wer Farbmanagement nutzen will, sollte also die mit Windows gelieferten Programme meiden und sich bessere Alternativen suchen.
Windows bietet die Möglichkeit, für jeden Monitor ein Monitorprofil festzulegen, auf das die Anwendungsprogramme zugreifen können.
Solange dem einzelnen Monitor nichts zugewiesen ist, gilt der
Systemstandard für Geräte; das ist normalerweise das sRGB-Profil (was für die meisten Monitore nur eine sehr grobe Annäherung ist).
Der Benutzer sollte also für den Anfang wenigstens ein Profil des Monitorherstellers besorgen - und langfristig natürlich mit Messgerät selber profilieren (siehe hier).
Zusätzlich kann man auch jedem Drucker, Scanner usw. ein Profil zuweisen, aber das ist
fast immer wirkungslos (siehe hier).
Windows bietet ferner ein eigenes Color Management Module (CMM), das die Programme wahlweise nutzen können.
Schon seit Windows Vista gibt es außerdem die zentrale Farbverwaltung, die
alle Farbmanagement-Einstellungen an einem Platz vereint - ähnlich dem ColorSync-Dienstprogramm unter
macOS.
Die Regel ist heute, dass Anwendungsprogramme zwar Monitorprofile von Windows übernehmen, aber ansonsten eigene Einstellungen für Profile haben und sich um die Windows-Einstellungen nicht kümmern. Manche Programme verwenden zum Umrechnen das von Windows bereitgestellte Color Management Module, andere bringen ihr eigenes mit.
Für Druckerprofile gibt es sogar drei mögliche Varianten der Einbindung: im Anwendungsprogramm (was zu empfehlen ist), im Druckertreiber und im Betriebssystem. Die Einbindung im Druckertreiber wäre schön, aber sie funktioniert nur korrekt, wenn das Anwendungsprogramm das zum Bild gehörige Profil mitsendet - was viele Anwendungen leider nicht tun. Und die Einbindung im Betriebssystem zeigt nur Wirkung, wenn ein Programm freiwillig darauf zugreift
und es nutzt - was nur bei sehr wenigen Programmen klappt. Näheres dazu
siehe hier.
Überhaupt läuft die Abstimmung zwischen den Einstellmöglichkeiten von Betriebssystem, Treibern und Anwendungsprogrammen nicht in jeder Hinsicht befriedigend. Im Bereich der Ausgabegeräte kann dann eine mehrfache Konvertierung passieren,
oder die Konvertierung findet erst gar nicht statt. Das kann der Anwender nur zuverlässig verhindern, wenn er die Verhaltensweise seiner Programme
gut kennt und durch manuelle Einstellung einen korrekten Ablauf sicherstellt.
Es braucht also eine gewisse Zeit, hinreichende Fachkenntnisse und etwas Geduld, um unter Windows von der Aufnahme bis zur Ausgabe einen funktionierenden Farbmanagement-Workflow einzurichten. Eine detaillierte Beschreibung der Farbverwaltung unter Windows 7/8/10 finden Sie übrigens hier.
Die Farbmanagement-Unterstützung unter Linux ist, zumindest von Seiten des Betriebssystems, noch nicht der Rede wert. Zwar gibt es
in einigen Distributionen schon Ansätze, sich an macOS und Windows
anzunähern, aber die werden von den gängigen Anwendungsprogrammen noch
kaum unterstützt. Wahrscheinlich ist die Linux-Welt zu stark aufgeteilt
und das Thema Farbmanagement zu unbedeutend,
um hier zu einheitlichen Standards zu kommen.
Das heißt nicht, dass man unter Linux kein Farbmanagement einsetzen könnte.
Aber es ist dort weitestgehend Sache der verwendeten
Anwendungsprogramme. Die automatische Anwendung getrennter Profile für
mehrere Monitore funktioniert in Ermangelung eines
System-Farbmanagements gar nicht. (Fairerweise muss man zugeben, dass das auch mit vielen Windows-Programmen
und auch mit manchen Mac-Programmen noch nicht klappt.)
Für den Benutzer der augenfälligste Unterschied zu macOS und Windows ist, dass er auch das Monitorprofil in jedem Programm direkt wählen muss.
Aber bereits die Kalibrierung und Profilierung des Monitors unterliegt besonderen Hürden, denn die Hersteller der bekannten Farbmessgeräte liefern weder Software noch Treiber für Linux mit, so dass man ggfs. auf Fremdsoftware zurückgreifen muss.
Man kann das Monitorprofil auch auf derselben Hardware unter einem parallel installierten Windows
erstellen und es dann erst ins Linux-System übernehmen. Hilfsprogramme fürs Schreiben von Kalibrierungsdaten in die Grafikkarten-LUT sind für Linux
verfügbar; alternativ könnte man eine "Profilierung ohne Kalibrierung" wählen, um die Frage der Kalibrierungsdaten gleich zu umgehen.
Auf alle Fälle muss der Nutzer noch stärker mitdenken als unter Windows.
Für das mobile Betriebssystem Android gilt Ähnliches wie für Linux - nur dass es unter Android noch viel weniger Software/Apps gibt, die Farbmanagement beherrschen. Eine reguläre Nutzung von ICC-Farbmanagement, so wie man sie unter
macOS und Windows (und mit Einschränkungen unter Linux) betreiben kann, ist unter Android bisher leider nicht möglich. Auch das Laden von Kalibrierungsdaten fürs Display ist nicht vorgesehen; man kann, wenn überhaupt, nur mit "Profilierung ohne Kalibrierung" arbeiten.
Mit Android 8 ("Oreo") wurden erstmals Ansätze für ein System-Farbmanagement
eingebaut. Man wird abwarten müssen, inwieweit die Gerätehersteller
das dann tatsächlich unterstützen, und wieviele App-Programmierer dann
auch Farbmanagement in ihre Programme integrieren.
Es gibt bereits heute Wege, ein ICC-Profil für das Display eines Android-Gerätes zu erstellen (z. B. mit DisplayCal im Remote-Verfahren), aber das ist eher was für Tüftler und nicht für normale Anwender.
Noch schwieriger sind bislang Apps zu finden, die mit diesem Profil
direkt etwas anfangen können.
Am ehesten realistisch ist die ICC-Nutzung unter Android heute auf indirektem Weg. Zum Beispiel könnte man ein Verzeichnis mit Fotos, die man auf einem Android-Tablet präsentieren will, vorab auf einem anderen Computer per Stapelbearbeitung ins ICC-Profil des Tablets
konvertieren.
An weitergehendes Farbmanagement (z. B. für Drucker, Kameras, Scanner etc.) ist in Android noch nicht zu denken.
Auch unter iOS ist Farbmanagement noch wenig verbreitet. Im
Wesentlichen gilt das Prinzip, mit sRGB als Standardfarbraum zu
arbeiten: Beim Übertragen von Fotos werden diese nach sRGB konvertiert, und die Displays
sind zumindest grob an sRGB angeglichen. Immerhin hat Apple seit iOS 7
offiziell die Möglichkeit geschaffen, ein Monitorprofil zu verwenden;
neuere iPhones und iPads könnten also auch größere Farbräume als sRGB
abdecken.
Apple liefert bereits passende Monitorprofile mit. Der Weg,
mit DisplayCal im Remote-Verfahren ein Monitorprofil zu erstellen, ist
im Prinzip auch mit iOS-basierten Geräten umsetzbar.
Am ehesten funktioniert das Farbmanagement bereits in den von Apple selbst stammenden Apps (z. B. Safari). Inwieweit andere App-Programmierer von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen, muss man abwarten.
Autor: Andreas Beitinger
Stand: August 2019
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