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Farbmanagement-Grundlagen

Aufbau und Anwendung von ICC-Profilen

Farbprofile (Dateien mit der Endung .icc oder .icm) sind der wichtigste Teil jedes funktionierenden Farbmanagement-Workflows. Das CMM ist eigentlich nur ein dummes Rechenprogramm; die wirklich wichtigen Informationen stecken direkt in den Profilen. Erst Umrechnungstabellen innerhalb der Farbprofile liefern z. B. die nötigen Informationen für Farbraum-Konvertierungen. Aus diesem Grund hängt es ja von den Profilen ab, welche Rendering Intents nutzbar sind.

Es gibt zwei Arten von Profilen: Matrix-Profile und LUT-Profile. Letztere enthalten eine umfangreiche Zuordnungstabelle und brauchen daher vergleichsweise viel Speicherplatz. Dagegen sind Matrix-Profile ziemlich klein, weil sie nur Primärfarben-Werte und Kurvendaten enthalten, aus denen alle Zwischentöne ermittelt werden können.
Welche Art von Profil verwendet wird, hängt von der Herkunft und Anwendung des Profils ab. Für das grundsätzliche Verständnis der Funktionsweise des Farbmanagements ist es unerheblich, welche Art von Profil verwendet wird.
In der grafischen Darstellung erkennt man Matrix-Profile an ihrem einfachen Grundriss und ihren relativ glatten Kanten. LUT-Profile können einen wie auch immer gearteten Grundriss haben, also auch mit sehr vielen Ecken oder frei geformt.

Wie die Profile genau programmiert sind, muss uns als Hobbyfotografen nicht weiter interessieren. Allerdings sollten wir einen groben Überblick über den Inhalt haben.

Zunächst steckt in jedem Profil eine Menge Meta-Information: Dazu gehören der Name des Profils, sein Hersteller, die Art des Profils (Geräte- oder Arbeitsfarbraum), das verwendete Farbsystem u. v. m.

Dann gibt es die eigentliche Farb-Information. Im Fall von kompakten Matrix-Profilen ist das eine überschaubare Anzahl von Werten, die die am stärksten gesättigten Grundfarben definieren. Dazu kommen Farbkurven, die die Berechnung der Zwischenwerte vorgeben.
Im Fall von LUT-Profilen (LUT steht für "LookUpTable") gibt es wesentlich mehr Werte, die zusammen eine komplette Farb-Zuordnungstabelle bilden; je genauer das Profil ausgemessen ist, umso mehr einzelne Werte stehen da drin, und umso weniger Zwischenwerte müssen später vom CMM berechnet werden. Daher können genau gemessene LUT-Profile mehr als 1 MB groß werden, während Matrix-Profile oft nur wenige KB brauchen.

Zusätzlich enthält jedes Profil auch eine Definition des Weißpunktes.

Ergänzend können Profile Kalibrierungsdaten enthalten. Das sind Daten, auf deren Basis der Farbraum eines Gerätes zunächst auf bestimmte Zielvorgaben kalibriert wird; die eigentlichen Profildaten beschreiben dann nicht mehr den ursprünglichen, sondern den bereits kalibrierten Zustand des Gerätes. Obwohl prinzipiell jedes Geräteprofil (Scannerprofil, Druckerprofil) Kalibrierungsdaten enthalten kann, ist dies bisher nur in Monitorprofilen üblich. Es ist wichtig, zu verstehen, dass die Kalibrierung ein zusätzlicher Vorgang ist und nicht etwa die Nutzung des eigentlichen Profils ersetzt.

Grundsätzlich tauchen Farbprofile in zwei Formen auf: als einzelne Dateien, die man für verschiedenste Zwecke im System installieren kann, oder eingebettet in Bilddateien, um deren Farben zu definieren.

Der Definition von ICC-Profilen liegt heute meist die ICC-Spezifikation v2 (also Version 2) zugrunde. Längerfristig soll sie von der ICC-Spezifikation v4 (Version 4) abgelöst werden, weshalb es immer mehr Profile gibt, die bereits nach v4 aufgebaut sind (was theoretisch einige Vorteile hat). Leider kann aber noch nicht jede Software korrekt mit v4-Profilen umgehen, weshalb immer wieder von Problemen berichtet wird (z. B. falsch angezeigte Farben in Verbindung mit v4-Monitorprofilen).
Wenn Sie solche Probleme vermeiden möchten, sollten Sie (soweit Sie die Wahl haben) noch den "alten" v2-Profilen den Vorzug geben.

ICC-Profile im Betriebssystem

Nicht jedes Profil, das die auf Ihrem Computer installierten Programme benutzen, ist tatsächlich auf dem System installiert. Manche Programme (v. a. RAW-Konverter) benutzen sogar interne Profile mit speziellen Eigenschaften. Manchmal sind es normale ICC-Profile, die aber nicht im Standard-Profilordner des Betriebssystems, sondern im Programmordner der jeweiligen Software liegen. In beiden Fällen haben andere Programme keinen Zugriff auf diese Profile.
Für allgemeine Nutzung (z. B. durch die meisten Bildbearbeitungsprogramme) müssen ICC-Profile zentral zur Verfügung stehen. Manchmal erfordert dies eine manuelle Installation.

Unter macOS kopiert man die Profile in einen bestimmten Ordner, meist Library > ColorSync > Profiles.
Unter Windows macht man einen Rechtsklick auf die Profil-Datei und wählt Profil installieren. Das Profil wird durch die Installation im Betriebssystem angemeldet und gleichzeitig in den Standard-Profilordner kopiert.
Allerdings gibt es unter Windows auch Programme, die alle Profile nutzen, die im Standard-Profilordner liegen - auch wenn diese gar nicht "richtig installiert" wurden. So kann es dann sein, dass z. B. in Photoshop verschiedene Profile zur Auswahl stehen, die andere Programme nicht anzeigen. Gehen Sie in diesem Fall in den Standard-Profilordner (meist C:\WINDOWS\system32\spool\drivers\color), rechtsklicken Sie dort auf die entsprechenden Profile und wählen Sie "Profil installieren". Umgekehrt können Sie dort auch Profile deinstallieren; das kann nützlich sein, wenn Sie z. B. veraltete Geräteprofile entfernen wollen, damit Sie sie nicht mehr versehentlich benutzen.
Unter Linux werden die verwendeten Profile in einen Ordner kopiert; welcher das ist, hängt von der Distribution und/oder den benutzten Programmen ab. (Farbmanagement unter Linux ist nicht einheitlich gelöst.)

ICC-Profile in Bilddateien

Ob man Profile in eine Datei einbetten kann, hängt vom Dateiformat ab. Außerdem muss das Farbsystem übereinstimmen (also z. B. ein RGB-JPEG kann nicht mit einem CMYK-Profil versehen werden und umgekehrt.)
Grundsätzlich funktioniert die Einbettung in JPEG, TIFF, PNG und einigen weiteren Formaten. Daneben kann man auch in die programmspezifischen Formate Profile einbetten, z. B. PSD (Photoshop), XCF (Gimp) oder PLD (PhotoLine).

Ersatzkennzeichnungen statt Profilen

Die meisten heutigen Kameras sparen sich die Einbettung von Profilen in ihre JPEG-Dateien, können aber trotzdem den verwendeten Farbraum kennzeichnen.
In der Praxis kommt dies nur bei zwei Arbeitsfarbräumen vor: sRGB und AdobeRGB. Hier geht man davon aus, dass diese Farbräume überall verbreitet sind und auf jedem System schon die nötigen Profile installiert sind.

Zwei Verfahren haben sich etabliert: die Farbraum-Information in den EXIF-Daten und die Kennzeichnung des Dateinamens.
In den EXIF-Daten gibt es ein eigenes Feld für den Farbraum. Man kann es mit jedem Programm auslesen, das EXIF-Daten anzeigt (auch wenn das entsprechende Programm kein Farbmanagement beherrscht).
Die Kennzeichnung des Dateinamens funktioniert so, dass Dateien in AdobeRGB mit einem Unterstrich beginnen, während solche in sRGB ganz normal mit einem Buchstaben anfangen. Also z. B. _PIC123.JPG wäre in AdobeRGB angelegt, während PIC124.JPG in sRGB angelegt ist.

Manche Bilder-Übertragungsprogramme der Kamerahersteller (d. h. Programme, die Bilddateien von der Speicherkarte auf die Festplatte kopieren) können so konfiguriert werden, dass sie im Zuge der Übertragung die korrekten Profile noch tatsächlich einbetten. Werden die Bilder manuell auf die Festplatte kopiert, bleiben die Dateien jedoch technisch gesehen profillos.

Ob das betreffende Bildbearbeitungsprogramm die alternative Kennzeichnung versteht, ist ungewiss und muss im Einzelfall getestet werden: Ältere Programme, die meisten Freeware- und Shareware-Programme sowie die meisten Browser achten stur auf Profile und ignorieren sowohl den Unterstrich vor dem Dateinamen als auch die EXIF-Info. Insgesamt wird die EXIF-Info noch von etwas mehr Programmen ausgewertet als der Unterstrich.
Ein eingebettetes Profil ist der einzige sichere Weg; speichert man selber, sollte man daher immer das Profil einbetten.
Wenn die Auswertung der alternativen Kennzeichnung mit einem Programm klappt, ist sie einem eingebetteten Profil gleichgestellt. Als Anwender kann man dann gar nicht unterscheiden, ob die korrekte Interpretation des Farbraumes durch ein Profil oder eine alternative Kennzeichnung erfolgt ist.

Sobald ein Profil eingebettet ist, werden die alternativen Kennzeichnungen normalerweise ignoriert. Das ist wichtig, wann immer die Kennzeichnungen abweichen. Eine Abweichung kommt vor, wenn z. B. an der Kamera sRGB eingestellt war und deshalb sRGB in den EXIF-Daten steht, aber der RAW-Konverter das Bild in einem anderen Farbraum ausgegeben hat, oder wenn man den Farbraum nachträglich konvertiert hat.
Leider gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen - also Programme, die bei abweichender Kennzeichnung sich nicht am eingebetteten Profil, sondern an der Ersatzkennzeichnung orientieren.

Praktische Anwendung von ICC-Profilen

Wie schon mehrfach erwähnt, benötigt jede Datei und jedes Gerät innerhalb eines Farbmanagement-Workflows ein eigenes Farbprofil. In der Theorie ist das Verfahren recht klar, aber die heutige Praxis weicht an einigen Stellen von der Theorie ab. Dies betrifft vor allem die Frage, wann und durch wen Profile angewendet werden.

Nicht mehr alle Profile muss der Fotograf bewusst selber anwenden. Das schafft eine Arbeitserleichterung und bringt das Farbmanagement seinem langfristigen Ziel näher, immer selbstverständlicher und automatischer zu funktionieren, so dass der zukünftige Anwender es auch ohne große Grundlagenkenntnisse richtig nutzen kann. Andererseits sorgen gerade solche Vereinfachungen häufig für Verwirrung, wenn man das Grundprinzip des Farbmanagements bereits kennt und darüber stolpert, dass manche Dinge in der Praxis anders gemacht werden.

Ein Beispiel für solche Abweichungen ist das Kameraprofil: Eigentlich müsste man das Bild aus der Kamera mit einem gemessenen Kameraprofil versehen und dann in einen Arbeitsfarbraum konvertieren. Aber in der Praxis geben alle Kameras und RAW-Konverter Bilder bereits fertig in einem Arbeitsfarbraum aus (mit wenigen Ausnahmen, siehe hier).
Ein weiteres Beispiel ist die Monitorprofilierung (siehe hier), der in der Praxis meist noch eine Kalibrierung des Monitors vorangestellt wird; die führt regelmäßig zu Verwirrung bei Farbmanagement-Einsteigern, die dann irrtümlich glauben, bereits mit der Kalibrierung korrekte Farben zu bekommen und kein Farbmanagement im Anwendungsprogramm mehr zu benötigen.
Selbst die Anwendung des eigentlichen Monitorprofils birgt noch Hürden, da die Einbindung nicht einheitlich gelöst ist: Manche Programme holen sich das Monitorprofil automatisch im Betriebssystem, in anderen muss man es manuell einstellen.

Nur solide Kenntnisse von Theorie und Praxis des heute üblichen Farbmanagements garantiert einen allzeit korrekten Umgang mit den Profilen.

Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: August 2019
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