Dieser Artikel ist schon etwas älter und entspricht nicht mehr überall dem
Stand der Technik. Neuere und allgemeinere Informationen über die Vor- und
Nachteile verschiedener Arbeitsfarbräume gibt es unter "Farbmanagement für
Hobbyfotografen"
hier und
hier.
In einem heutigen Ausbelichtungs- oder Druck-Workflow wird sich der Vorteil von AdobeRGB wegen des kleinen Drucker-Farbraums und der geringen Zahl von Schnittmengen-Farben in den allermeisten Fällen in Luft auflösen. Das heißt aber keineswegs, dass der größere Farbraum sinnlos wäre. Ausbelichtung bzw. Druck ist ja längst nicht mehr die einzige mögliche Nutzung eines Fotos. Um die Vorteile von AdobeRGB und anderer großer Farbräume zu sehen, muss man auch andere Nutzungs-Szenarien bedenken und etwas in die Zukunft planen.
Monitore, die mehr als sRGB darstellen können, werden in der gehobenen Preisklasse langsam zum Standard. Die meisten aktuellen Monitore mit IPS- und VA-Panel haben schon einen "erweiterten Farbraum" irgendwo zwischen sRGB und AdobeRGB. Es gibt sogar schon einzelne Grafikmonitore, deren Farbraum AdobeRGB übertrifft. Zumindest beim Betrachten oder Präsentieren der Bilder auf dem Monitor lassen sich also einige oder alle der Mehrfarben von AdobeRGB nutzen.
Ähnliches könnte für künftige Videobeamer gelten; es gab schon vereinzelt Beamer, deren Farbraum etwas über sRGB hinausging.
Auch neuere Druckverfahren könnten noch größere Farbräume ausgeben; schon heute bieten gute Tintenstrahler mit entsprechendem Papier einen größeren Farbraum als ein Belichter, der mit chemischem Fotopapier arbeitet. Einzelne Tintenstrahldrucker gehen sogar an ein paar Stellen über AdobeRGB hinaus. Korrekt eingesetztes Farbmanagement und farbstarke Motive vorausgesetzt, können solche speziellen Geräte schon heute einen Vorteil großer Farbräume gegenüber sRGB zeigen, und von künftigen Entwicklungen darf man in dieser Richtung noch mehr erwarten.
Jenseits der Frage nach dem technischen Wert ist AdobeRGB (neben ECI-RGB) ein Standardfarbraum der Druckbranche. Viele Zeitschriftenredaktionen und Bildagenturen bevorzugen oder verlangen Bilder in AdobeRGB. Dies kommt daher, dass AdobeRGB relativ gut die Farbräume von üblichen Offsetdruckverfahren (also CMYK-Farbräume) abdeckt - denn dafür wurde es ursprünglich entwickelt. Allerdings geht es weniger um das technische Optimum als um die Definition eines "Branchenstandards", und da hat AdobeRGB sich einen hohen Stellenwert gesichert. Das muss man - unabhängig von technischen Argumenten - so anerkennen und akzeptieren.
Dass es sinnvoll ist, direkt in der Kamera JPEGs in AdobeRGB auszugeben, möchte ich eher bezweifeln. In der Praxis muss man doch heute den Farbraum für die meisten Zwecke am Ende noch konvertieren, und dafür wäre die größere Farbtiefe der RAW-Dateien ein handfester Vorteil. Sofern man bis zum Ende der Bearbeitung im 16-Bit-Modus bleibt, hat man das bestmögliche Ausgangsmaterial für Konvertierungen.
RAW-Dateien sind sowieso noch nicht auf einen Farbraum festgelegt. Man kann also genauso gut in der Kamera sRGB einstellen und dann bei Bedarf aus dem RAW-Konverter AdobeRGB oder auch einen anderen größeren Farbraum ausgeben.
Ich könnte mir nur eine Situation vorstellen, wo AdobeRGB-JPEG aus der Kamera sinnvoll ist: wenn ein Fotoreporter oder Sportfotograf für eine Agentur fotografiert, die AdobeRGB verlangt, aber der Zeitdruck eine RAW-Konvertierung nicht erlaubt.
AdobeRGB mag heute noch ein wichtiger Branchenstandard sein, aber für viele Zwecke jenseits des Offsetdrucks ist er schon lange nicht mehr das technische Optimum. Viele RAW-Konverter sind in der Lage, weitere Farbräume außer sRGB und AdobeRGB auszugeben. Obwohl die Kamera dies nicht direkt unterstützt, kann man also über das RAW-Format einen Alternativfarbraum verwenden. Für RAW-Fotografen ist es eigentlich völlig egal, welche Farbraumeinstellungen die Kamera kennt. Entscheidend ist der Konverter.
Auch bei AdobeRGB fehlen noch ein paar Farben, die ein ausbelichtetes Foto theoretisch enthalten könnte; noch deutlicher zeigt sich das im Vergleich mit den Farbräumen guter Tintenstrahldrucker, die z. B. leuchtendes Gelb außerhalb von AdobeRGB drucken können.
Ausgerechnet die Firma Adobe, die ja Erfinderin und Namensgeberin von AdobeRGB ist, propagiert mittlerweile den von Kodak erfundenen Farbraum ProPhotoRGB: In Adobe Lightroom ist ProPhotoRGB als Ausgabefarbraum voreingestellt. ProPhotoRGB ist nochmal deutlich größer als AdobeRGB und daher wirklich nur in Verbindung mit 16 Bit Farbtiefe zu empfehlen.
Wenn man am Ende JPEGs in 8 Bit Farbtiefe anstrebt, ist der Einsatz von allzu großen Farbräumen hinsichtlich der Farbabstufungen gar keine gute Lösung; wenn man etwas verbessern wollte, dann müsste es eher die Form des Farbraums sein, so dass eine bessere Anpassung an Papier-Ausgabeverfahren erfolgt, ohne die grundlegenden Anforderungen an Arbeitsfarbräume aufzugeben.
Eine interessante Alternative ist z. B. ECI-RGB. Dieser Farbraum wurde von der European Color Initiative geschaffen und hat eine ähnliche Zielrichtung wie AdobeRGB, nämlich Druckvorstufe und allgemeine Fotografie. ECI-RGB deckt die üblichen Druckverfahren noch etwas besser ab als AdobeRGB. Ein so allgemein verbreiteter Standard, wie dies in den Broschüren der ECI optimistisch behauptet wird, ist ECI-RGB aber nicht. Außerdem gibt es zwei inkompatible Versionen (V1 und V2), die die Verbreitung nicht gerade fördern.
Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: Oktober 2012
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AdobeRGB - Vorteil durch größeren Farbraum?
Praktischer Umgang mit Farbräumen
Argumente für AdobeRGB (und andere große Farbräume)