Praxisvergleich Nikon D70 gegen D200

Testübersicht D70/D200 - Homepage foto.beitinger.de - Zurück zur letzten Seite

Bildqualität unter optimalen Bedingungen

Wer nicht aus bestimmten Gründen auf höhere ISO-Stufen ausweichen muß und/oder aus gestalterischen Gründen eine bestimmte Blende benötigt, wird versuchen, seine Bilder stets mit der optimalen Bildqualität aufzunehmen. Hier zeigt sich, was eine Kamera leisten kann.
Genau unter diesen Voraussetzungen sind diese Testbilder entstanden: Die Kameras wurde auf niedrigste ISO-Stufe gesetzt (ISO100 bei der D200, ISO200 bei der D70), es wurde ein gutes Objektiv gewählt (Nikon 18-70 DX bei 35 mm Brennweite) und es wurde eine optimale Blende vorgewählt, bei der man weder mit offenblendtypischen Farbsäumen und Randunschärfen noch mit Beugungsunschärfe zu kämpfen hat.
Da der automatische Weißabgleich der beiden Kameras unterschiedlich arbeitet (die D200 macht in Automatik etwas wärmere Farben als die D70), habe ich zwecks Neutralität jeweils einen manuellen Weißabgleich durchgeführt.
Die Bildparameter waren an beiden Kameras identisch eingestellt (Farbraum I, Scharfzeichnung auf +1, übrige Parameter auf 0).
Soweit RAW-Dateien benutzt wurden, wurden diese mit Nikon Capture 4.4 unter Beibehaltung aller Kameraeinstellungen in JPEG konvertiert.

Auf dieser Seite geht es um die maximale Qualität, die man in den verschiedenen JPEG-Auflösungen direkt aus der Kamera bzw. über das RAW-Format erzielen kann. Es geht nicht um den direkten Vergleich zwischen 6 und 10 Megapixeln; hierfür gibt es noch einen separaten Vergleich. Es geht auch nicht um das Verhalten bei höheren ISO-Einstellungen, denn dafür ist diese Seite zuständig.

D200

D70

D200 RAW D200 JPEG L D200 JPEG M D200 JPEG S D70 RAW D70 JPEG L D70 JPEG M D70 JPEG S
D200 RAW D200 JPEG L D200 JPEG M D200 JPEG S D70 RAW D70 JPEG L D70 JPEG M D70 JPEG S

Auswertung: Wenn man jegliche Erbsenzählerei unterläßt und einen realistischen Blick auf die hier gezeigten Beispiele und Ausschnitte wirft, kann man zu einem generellen Ergebnis kommen: Die Bildqualität beider Kameras ist identisch, und auch zwischen JPEG und konvertiertem RAW gibt es wenig Unterschiede. Man muß schon sehr starke Vergrößerungen fertigen und diese im Detail untersuchen, damit die Unterschiede im fertigen Foto sichtbar werden.

Tonwertkurven
Der vielleicht größte (und am ehesten in der Praxis relevante) Unterschied der beiden Kameras besteht in ihren unterschiedlichen Tonwertkurven. Auf den verkleinerten Gesamtbildern läßt sich dies demonstrieren: Die D70 macht bei identischer Belichtung etwas dunklere Bilder; die Matrixmessung gleicht diese Tendenz jedoch aus, indem sie etwas heller belichtet. Beim ersten Beispiel (Fassade) ist das sehr schön zu sehen: Die Gesamthelligkeit ist in etwa gleich, aber das D200-Bild wurde knapper belichtet. Die Folge ist hier, daß die D200 noch überall einen blauen Himmel zeigt, während der Himmel beim reichlicher belichteten D70-Bild bereits ausfrißt. Wollte man dies vermeiden, könnte man an der D70 eine leichte Belichtungskorektur einstellen und nachträglich per Gammakurve wieder aufhellen. Oder man könnte in die D70 eine benutzerdefinierte Tonwertkurve hochladen, die eher dem Verhalten der D200 entspricht.
Das zweite Beispiel wurde unter Ignorierung der Matrixmessung identisch belichtet. Der Himmel ist gleich gut durchgezeichnet, aber die Mitten im D70-Bild wirken dann etwas dunkler.
Letztlich könnte man mit beiden Kameras dasselbe Bildergebnis erzielen, aber mit der D200 geht es bequemer, weil sie schon "ab Werk" besser eingestellt ist, man daher etwas seltener die Belichtung korrigieren und etwas seltener nachträgliche Korrekturen im RAW-Konverter oder in Photoshop vornehmen muß. Dies betrifft nur wenige Motive, nämlich wenn gerade eine halbe Blende mehr Dynamik in den Lichtern gewünscht ist. Für 90 % der Aufnahmen ist der Unterschied irrelevant, weil dann entweder die Dynamik der D70 ausreicht, oder weil dann auch bei der D200 die Lichter bereits ausfressen und ohnehin eine Belichtungskorrektur erfordern. Ein kaufentscheidendes Argument für die D200 bzw. gegen die D70 ist es ganz sicher nicht, nur sollte man es als (anspruchsvoller) Nutzer wissen.

RAW vs. JPEG
Das RAW der D200 zeigt gegenüber JPEG L (volle Auflösung) eine etwas höhere Schärfe. Dies ist in allen 4 Bildausschnitten zu erkennen. Allerdings möchte ich bezweifeln, daß man mit RAW tatsächlich mehr Detailauflösung bekommt; eher vermute ich, daß Nikon Capture trotz nominell gleicher Einstellung etwas mehr Scharfzeichnung anwendet. Demnach könnte man die Kamera-JPEGs durch nachträgliche Scharfzeichnung an die gewandelten RAWs komplett angleichen. Die Kehrseite starker Scharfzeichnung ist das deutlichere Grieseln in dunklen Bildbereichen, z. B. an der Unterseite des Balkons im 2. Beispiel. An solchen Stellen wirkt die weichere Wiedergabe der Kamera-JPEGs sogar vorteilhaft.
Deutlicher fällt der Qualitätsunterschied zwischen RAW und JPEG L bei der D70 auf, denn hier betrifft es nicht nur die Scharfzeichnung. Die D70 neigt, wohl aufgrund ihres schwächeren AA-Filters, zu mehr Artefakten an kontrastreichen Kanten. Offenbar kann Nikon Capture mit diesen Artefakten besser umgehen als der kamera-interne JPEG-Prozessor. Vergleicht man die Schrift im Verkehrsschild im ersten Beispiel, oder die Schriften im dritten Beispiel, treten bei der JPEG-L-Variante erheblich mehr Farbartefakte auf als im konvertierten RAW.
Für beide Kameras gilt, daß die Unterschiede zwischen JPEG und konvertiertem RAW erst bei stärkerer Vergrößerung in Erscheinung treten, ganz bestimmt nicht auf Abzügen in 10 x 15 oder 13 x 19 cm. Während man die JPEGs aus der D200 auch für anspruchsvollere Zwecke (Poster, Ausschnittsvergrößerung) ohne Abstriche nutzen kann, empfiehlt sich bei der D70 zur Ausschöpfung maximaler Qualität stets das RAW-Format - auch wenn dessen spezifische Vorteile (nachträglicher Weißabgleich, Belichtungskorrektur etc.) nicht gebraucht werden. Dazu ist nicht das kostenpflichtige Nikon Capture nötig; solange keine größeren Korrekturen gewünscht sind, liefern PictureProject oder NikonView genau dieselbe Bildqualität wie Nikon Capture.

D200 RAW vs. D70 RAW
Interessant für Umsteigewillige ist vielleicht auch der Direktvergleich zwischen RAWs aus der D200 und solchen aus der D70. Der Vergleich ist insofern etwas schwierig, als die Auflösungen sich unterscheiden und die hier gezeigten 100-%-Crops deshalb verschieden groß sind.
Spontan hat man den Eindruck, daß die vollaufgelösten Bilder der D70 etwas schärfer sind als die aus der D200. Hierzu muß man natürlich bedenken, daß bei identischem Ausgabeformat das D70-Bild stärker vergrößert werden muß, und dann sieht der Vergleich schon wieder anders aus. Daher habe ich zusätzlich einen Megapixel-Vergleich mit identischer Ausgabegröße durchgeführt.
Bleibt aber festzustellen, daß die D70 eine höhere Pro-Pixel-Schärfe aufweist, wofür es zwei Erklärungen gibt: Erstens hat die D70 den schon erwähnten schwächeren AntiAliasing-Filter, und zweitens muß man davon ausgehen, daß die 10 MP der D200 das hier verwendete Objektiv schon langsam an seine Auflösungsgrenze bringen. Wer aus den 10 MP der D200 einen 6-MP-Crop erstellt, wird also eine sichtbar geringere Detailauflösung erhalten als mit einem vollen 6-MP-Bild aus der D70.

JPEG-Stufen L, M und S
Viele Anwender bezweifeln den Sinn geringerer JPEG-Auflösungen, weil sie sich für die spätere Verwendung stets die volle Kameraauflösung erhalten möchten. Allerdings sind kleinere JPEGs platzsparend und für sehr viele Zwecke ausreichend - gerade bei einer 10-MP-Kamera, die für die meisten Zwecke unnötig große Dateien liefert. Welches Format man in der Kamera wählt, hängt wirklich stark vom Workflow ab. Wenn man sicher weiß, daß man nur JPEGs mit begrenzter Auflösung benötigen wird, spart man sich durch die geringeren Auflösungen oft ein nachträgliches Skalieren und lange Zeiten für die Datenübertragung. Wichtig ist das v. a. für Fotografen, bei denen Zeit Geld ist, z. B. rasende Reporter und Sportfotografen. Ich persönlich stehe nie unter Zeitdruck, nutze aber dennoch an der D200 gern die Auflösungsstufen M oder S in der Betriebsart "RAW+JPEG": Dann erhalte ich ein handliches JPEG für Bilder bis 13 x 19 cm und habe gleichzeitig noch das RAW-File als Qualitätsreserve, falls mal größere Korrekturen nötig sind und/oder ich das Bild doch in höherer Auflösung brauche.
Die Qualität der kleineren JPEGs ist bei beiden Kameras unspektakulär und entspricht in etwa dem, was man auch beim nachträglichen Skalieren in Photoshop erhalten würde. Die Pro-Pixel-Schärfe nimmt mit den kleineren Stufen zu (was aufgrund der geringer wirksamen Bayer-Interpolation und des geringeren Einflusses von Objektivfehlern auch zu erwarten war). Besonders interessant ist der Vergleich zwischen JPEG L aus der D70 und JPEG M aus der D200, weil man damit ungefähr dieselbe Auflösung hat. Entgegen der Erwartung besitzen M-Bilder aus der D200 keinen sichtbaren Auflösungsvorteil gegenüber L-Bildern aus der D70 . Allerdings leiden die D70-JPEGs an den schon erwähnten Artefakten, was dann je nach Motiv störend wirken kann, so daß das JPEG M aus der D200 am Ende einen leichten Vorsprung hat.
Gleichzeitig stellt sich der Eindruck ein, daß man bei der D200 zwischen Stufe L und M keinen nennenswerten Auflösungsverlust erleidet (z. B. Schriften, die in der L-Version gerade noch lesbar sind, sind auch in der M-Version gerade noch lesbar). Das L-Bild enthält einfach nicht genug Details, um die theoretischen Vorteile von 10 gegenüber 6 Megapixeln nutzen zu können. Inwieweit dies (auch) am Objektiv liegen könnte, habe ich ebenfalls im Rahmen des Megapixel-Vergleichs untersucht.

Andreas Beitinger
2006
IMPRESSUM
DATENSCHUTZERKLÄRUNG