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Eingabeprofile

Kameraprofile

Konsequentes Farbmanagement hat den Anspruch, Farben von Schritt zu Schritt so naturgetreu wie möglich zu übernehmen. Das erste Glied in der Kette ist dabei die Kamera. Theoretisch sollte man eine Kamera also anhand genormter Farbvorlagen exakt profilieren - und in bestimmten Bereichen der professionellen Fotografie wird das auch tatsächlich gemacht. Beispiele hierfür sind die farbverbindliche Katalog- und Reproduktionsfotografie, wo gewährleistet werden soll, dass Farben absolut wirklichkeitsgetreu gedruckt werden. Eine ganz exakte Profilierung gilt aber nur eingeschränkt; z. B. stimmt sie immer nur für eine bestimmte Lichtquelle. Das funktioniert gut unter gleichbleibenden Studiobedingungen, aber nicht in der allgemeinen Fotografie. Somit ist Kameraprofilierung eher etwas für Spezialanwendungen.

Im ICC-Standard vorgesehen ist die Erstellung von ICC-Kameraprofilen, die man den Bildern aus der jeweiligen Kamera dann zuweisen kann, um sie anschließend in einen genormten Arbeitsfarbraum zu konvertieren. Das funktioniert vom Prinzip her sogar mit Bildern, die schon Kamera-intern verarbeitet und z. B. im JPEG-Format ausgegeben wurden. Selbst die Bilder aus einer Kompaktkamera oder Handykamera, die keine Rohdaten ausgeben kann, lassen sich also mittels Kameraprofilen nachbessern. Nicht übersehen darf man dabei jedoch die Tonwertverluste, die sich aus der JPEG-bedingten geringen Farbtiefe (8 Bit pro Kanal) ergeben.

In der Praxis wird man für anspruchsvolle Anwendungen von Kamera-Rohdaten ausgehen. Anstatt auf ein schon "fertig" konvertiertes Bild noch ein ICC-Profil draufzusetzen, kann man dann aus Qualitätsgründen direkt in den Vorgang der RAW-Konvertierung eingreifen und die Kalibrierung in einem möglichst frühen Stadium einbringen. Die Profile, die hierbei zur Anwendung kommen, richten sich nach der Arbeitsweise des jeweils verwendeten RAW-Konverters. Manche verwenden mehr oder weniger standardkonforme ICC-Profile, manche haben ihr ganz eigenes, herstellerspezifisches Profil-Format.

Man benötigt zur Kameraprofilierung zwei Dinge: eine spezielle Farbtafel, die man abfotografieren kann sowie eine Software, die die Farben der abfotografierten Farbtafel auswertet und ein Profil daraus errechnet.

Die meisten heute erhältlichen Komplettlösungen erstellen DCP-Profile für die Verwendung in Programmen von Adobe (Lightroom, Photoshop mit ACR, Photoshop Elements mit ACR). Nur wenige andere Programme (z. B. RawTherapee) verstehen ebenfalls DCP-Profile. Das mag für die meisten Benutzer von Nicht-Adobe-Software unbefriedigend erscheinen, erklärt sich aber aus der starken Marktpräsenz von Adobe-Software und der Tatsache, dass Kameraprofilierung nur ein kleiner Nischenmarkt ist.

Andere RAW-Konverter erfordern eingangsseitig klassische ICC-Profile, die aber nicht programmübergreifend kompatibel sind und je nach Arbeitsweise des Konverters auch unterschiedlich eingebunden werden: entweder direkt nach der Bayer-Interpolation (d. h. die Profile basieren auf einem Bild mit linearer Helligkeitsverteilung) oder unmittelbar nach der Gammakorrektur (also basierend auf einem Bild mit gammakorrigierter Helligkeitsverteilung, aber noch ohne weitere Optimierungen).
Wer einen RAW-Konverter einsetzen will, der gar keine Möglichkeit der Eingangsprofil-Einbindung bietet, muss einen noch umständlicheren Arbeitsablauf in Kauf nehmen: Er muss seine Bilder in 16 Bit Farbtiefe ausgeben und für seine bereits konvertierten Bilder ein ICC-Kameraprofil erstellen, die er dann zuweisen kann; danach kann er sie in einem zusätzlichen Schritt manuell in einen Arbeitsfarbraum konvertieren. Das Verfahren ist leider umständlich. Zudem kann es trotz hoher Farbtiefe mit Verlusten verbunden sein, falls der RAW-Konverter seinerseits schon stark eingegriffen und z. B. Tonwerte abgeschnitten hat.

Die vielleicht wichtigste Frage ist, ob wir als Hobbyfotografen uns überhaupt mit dem Thema Kameraprofilierung befassen müssen. Praktisch alle erhältlichen Digitalkameras konvertieren ihre Farben bereits intern in einen der gängigen Arbeitsfarbräume sRGB oder AdobeRGB. Auch alle bedeutenden RAW-Konverter sind auf die direkte Konvertierung in einen Arbeitsfarbraum ausgerichtet und überspringen das Stadium eines Bildes im "eigentlichen" Kamera-Farbraum - so wie man es von der Theorie des Farbmanagements her zunächst erwarten würde.
Arbeitet man nicht gerade in einem speziell auf Farbgenauigkeit eingerichteten Studio, kommt man mit Kameraprofilen nicht in Berührung. Das gilt nicht nur für Amateure, sondern ganz genauso für Profis: Der Großteil der professionellen Fotografen verzichtet auf individuelle Kameraprofilierung.

In sehr vielen Fällen ist nicht einmal wichtig, wie exakt oder unexakt die Farben messtechnisch "stimmen". Fotografie ist ja ein künstlerisches Medium. Oft ist es gar nicht erwünscht, Farben absolut naturgetreu wiederzugeben. Digitalfotografen verbringen viel Zeit mit dem Bearbeiten und Optimieren der Bilder oder drehen zumindest an den Basiseinstellungen. Es wäre absurd, zunächst mit viel Aufwand Kameraprofile zu erstellen und anzuwenden, nur um dann bewusst vom Ergebnis dieser Profilierung abzuweichen.

Nun wollen wir nicht jedem Bild eine künstlerische Note geben, und gelegentlich fordern wir für bestimmte Alltagsfotos oder abfotografierte Vorlagen eine annähernd wirklichkeitsgetreue Interpretation. Dann darf man sich die Frage stellen, wie exakt die kamerainterne Umrechnung der aufgenommenen Farben in den Arbeitsfarbraum ausfällt. Immerhin gibt es sowohl in der Kamera als auch im RAW-Konverter eine Menge Einstellmöglichkeiten, über die man Farben und Kontraste "verbiegen" kann. Auch der Weißabgleich trägt maßgeblich zum Ergebnis bei. Aber maximal eine dieser Einstellungen kann im technischen Sinne "richtig" sein.
Auch hier darf ich Entwarnung geben: Die Voreinstellungen der Kamera- und RAW-Konverter-Hersteller sind nicht so weit von der Wirklichkeit entfernt. Wenn eine Kamera mehrere Bildoptimierungen zur Auswahl bietet, ist immer auch eine dabei, die eine neutrale Farbgebung anstrebt und z. B. "Neutral" oder "Natürlich" heißt; das ist dann die Einstellung, die einer individuell kalibrierten Ausgabe am nächsten kommt. Die Hersteller der RAW-Konverter erstellen hierzu bereits messtechnische Eingangsprofile für den jeweiligen Kameratyp - nur sind diese Profile dann nicht auf ein einzelnes Kameraexemplar und eine ganz bestimmte Lichtsorte hin optimiert.
Versuche haben gezeigt, dass sich mit den meisten Kameras und RAW-Konvertern in neutraler Einstellung (und mit korrektem Weißabgleich) hochwertige Reproduktionen fertigen lassen, die man bedenkenlos zum Vergleich neben das Original hängen kann. Der Wunsch nach individueller Profilierung taucht da kaum noch auf - besonders, wenn man den dafür nötigen Aufwand bedenkt.

Als Hobbyfotografen arbeiten wir in der Regel nicht mit selbst erstellten Kameraprofilen, sondern mit den Vorgaben unseres RAW-Konverters oder mit fertigen JPEG-Dateien, die bereits in einem genormten Arbeitsfarbraum vorliegen.

Eine absolut exakte Übereinstimmung mit der Wirklichkeit ist für die allermeisten fotografischen Zwecke nicht entscheidend, und für gelegentliche Reproduktionen oder Produktfotos reicht die Genauigkeit der neutralen Voreinstellungen aus.

Aus technischer Sicht lohnt sich die individuelle Kamerakalibrierung am ehesten, wenn man mit schwierigen Lichtquellen arbeiten muss (z. B. einfache Leuchtstoffröhren mit diskontinuierlichem Spektrum); hier kann das darauf angepasste Kameraprofil dazu betragen, Überraschungen in bestimmten Farbtönen zu vermeiden. Andererseits wird man für anspruchsvolle Repro- und Katalogfotografie nicht freiwillig eine so schlechte Lichtsorte benutzen. Wir reden hier also schon von seltenen Spezialfällen, wo man mit vorhandenem Licht auskommen oder improvisieren muss.

Nun könnten Sie sich fragen: Brauche ich überhaupt Farbmanagement, wenn ich sowieso der künstlerische Typ bin und die Farben nach persönlichem Geschmack manipuliere?
Die Antwort ist ein klares "Ja". Sinnvoll angewendetes Farbmanagement beginnt nicht unbedingt schon bei der Aufnahme, aber spätestens mit der Bildbearbeitung am Monitor. Ab da ist es auch für künstlerische Fotografie notwendig, farbverbindlich zu arbeiten. Denn nur so werden die Farben, die man am Monitor eingestellt hat, auch wirklich bis zur Ausgabe auf verschiedenen Medien beibehalten (im Rahmen des technisch Machbaren).

Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: Oktober 2017
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