Praxisvergleich Nikon D70 gegen D200

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Gehäusequalität und Bedienkonzept

Zum Thema Gehäusequalität der D200 wurde schon sehr viel geschrieben - zumeist Löbliches. Trotzdem will ich noch ein paar direkte Vergleichseindrücke hinzufügen. In puncto Gehäusequalität entspricht die D80 eher der D70 als der D200. Nur beim Sucher sind D200 und D80 identisch.

Größe und Gewicht
Der Unterschied zwischen D70 und D200, der sofort auffällt, ist das unterschiedliche Gewicht. In einer Tabelle liest sich der Unterschied (235 g) nicht so groß, aber wenn man nach der D70 erstmals die D200 in die Hand nimmt, stellt sich schon der Eindruck ein: "Was für ein Brocken!" Nach einigen Tagen Gewöhnung dreht sich dann der Eindruck um, die D200 wird zum Gewohnten und die D70 erscheint spielzeughaft leicht.
Obwohl das Gehäuse der D200 auch ein Stück größer ist, ist die gefühlte Handhabung der Modelle dennoch ähnlich, da der D70-Griff genauso hoch ist wie an der D200. Allerdings ist der D200-Griff noch etwas dicker und damit ab einer gewissen Handgröße besser zu umfassen. Im Vergleich zur D80 sind beide etwas höher. Wer wirklich große Hände hat, sollte bei allen genannten Kameras in einen Batteriegriff investieren; für die D80 gilt das noch mehr als für D70/D200. (Der einfache Griff von Zubehörhersteller Hähnel für die D70 bietet zwar keinen Hochformatauslöser, erfüllt aber dennoch den Zweck der Grifflächenvergrößerung für große Hände.)

Gummierung
Neben dem Gewicht spielt auch die unterschiedliche Gummierung eine Rolle. Beide sind aus weichem Material und an der Oberfläche lederartig strukturiert, aber bei der D200 ist sie rutschfester. Ob man das gut findet, ist ein Stück weit Geschmacks- und Gewöhnungssache. Hätte ich beim Kauf freie Wahl gehabt, hätte ich vermutlich die glattere D70-Oberfläche vorgezogen, aber mittlerweile habe ich mich an die rutschfestere Oberfläche der D200 gewöhnt und den damit verbundenen Sicherheitsgewinn schätzen gelernt. (Ich gehöre zu den Nutzern, die sich nicht mit Kameragurten anfreunden können, weil die irgendwie dauernd im Weg sind. Umso wichtiger ist es, die Kamera wirklich sicher in der Hand zu halten.)
Fotografiert man in kalter Umgebung, fühlt sich die D200 aufgrund ihres Metallgehäuses kälter an als die D70. Dafür ist sie leichter mit Handschuhen zu bedienen, weil die Tasten größer sind.

Stativgewinde
Bei der D70 ist das Stativgewinde in den Kunststoffboden eingelassen. Bei der D200 hat es direkte Verbindung zum Metallgehäuse, läßt also eine noch stabilere Befestigung mit weniger Schwingung zu. An der D200 ist der Boden rund um das Gewinde mit einer Gummimatte versehen. In Kombination mit einer gummierten Stativplatte ist das eigentlich "doppelt gemoppelt", aber ich habe in der Praxis dennoch kein Stabilitätsprobem festgestellt.

Kameragurt
Die D70 (genau wie die D80) hat hierfür zwei feste, längliche Ösen, in die der Gurt direkt eingezogen wird. Die D200 hat kleinere, runde Ösen, in denen dreieckige "Schlüsselringe" als Zwischenstück für den Gurt hängen. Benutzt man die Kamera überwiegend ohne Gurt (wie ich), kann man diese Dreiecks-Dinger abmontieren, weil sie sonst nur herumbaumeln. Wer häufig den Gurt an- und abmontieren will, sollte sich bei der D200 statt des serienmäßigen Gurtes ein Modell mit Karabinern besorgen, das man flott in die Ösen aus- und einhängen kann. Bei der D70/D80 geht die Karabiner-Lösung nicht so leicht; da muß man den Gurt immer neu einfädeln.

Tasten
Die meisten Tasten an der D200 sind etwas größer als an der D70, was für Fotografen mit großen Händen und/oder Handschuhen eine Verbesserung darstellt. Daß es viel mehr Bedienungelemente für verschiedene Funktionen gibt, kommt noch hinzu.
Das Druckgefühl des Auslösers fand ich an der D200 schlechter. Während die D70 zwei gut fühlbare Druckpunkte hat, die man auch bei ausgeschalteter Kamera noch spüren kann, fühlt man bei der D200 nur den ersten Druckpunkt deutlich, während darunter der Auslöser schwammig wird. In der fotografischen Praxis spielt das kaum eine Rolle mehr, weil beim tatsächlichen Auslösen das Spiegelschlag-Geräusch gut zu hören ist und somit für den zweiten Druckpunkt eine akkustische Rückmeldung vorliegt.
Ähnlich wie der Auslöser, verhält sich auch das Tastenkreuz auf der Rückseite bei der D200 etwas schwammiger. Vielleicht hat es mit dem Vorhandensein einer Bestätigungsfunktion bei Druck auf die Kreuz-Mitte zu tun, die die Eingaben beschleunigt, und die es in dieser Form an der D70 noch nicht gibt. Kann aber auch sein, daß sich hier die Dichtungen der D200 auswirken, denn eigentlich ist das Tastgefühl sämtlicher D200-Tasten etwas weicher/zäher als an der D70.

Eingebautes Blitzgerät
Der eingebaute Blitz wird an der D70 mit derselben Taste ausgeklappt, die man auch für die Blitzbelichtungskorrektur nutzt. Das Ausklappen wird elektrisch gesteuert und funktioniert daher nur bei eingeschalteter Kamera. Die D200 hat einen zusätzlichen, rein mechanischen Knopf zum Ausklappen des Blitzes (geht sogar ohne eingelegten Akku). Ist eigentlich logisch: Die D70 hat Vollautomatik und Motivprogramme, in denen teilweise der Blitz automatisch zugeschaltet wird; sie muß also in der Lage sein, das Hochklappen des Blitzes softwaremäßig zu steuern. Die D200 hat solche Automatiken nicht und kann den Blitz deshalb mechanisch steuern.
Die Blitzgeräte selbst sind sich sehr ähnlich; im direkten Vergleich kommt mir der an der D200 sogar etwas wackeliger vor.
Ein eingebauter Blitz ist immer eine Schwachstelle an der Außenhaut eines Kameragehäuses, also die Stelle, die am wenigsten Druck oder Stöße aushält. Das fällt besonders bei der sonst sehr robust gebauten D200 auf. Wenn man den eingebauten Blitz nicht braucht, würde man sich wünschen, das Sucherprisma wäre stattdessen vom stabilen Metallgehäuse ummantelt wie der Rest der Kamera. (Bei der D2X und D2H, wie auch bei anderen Vollprofi-Kameras, ist es ja so.)
Immerhin hat Nikon der D70/D200/D80 dem eingebauten Blitz die wunderbare Zusatzfunktion spendiert, als Master für einen externen Slave-Blitz zu fungieren; auch wenn man den internen Blitz nicht bildwirksam nutzt, hat er also noch eine gewisse Berechtigung. Fragt sich nur, ob man diese Funktion anders als mit einem empfindlichen Aufklappmechanismus hätte lösen können, z. B. mit einem anderswo im Gehäuse eingebauten IR-Steuerblitz.

Auslösung
Das Spiegelschlag-Geräusch ist einen Tick lauter bei der D200. Dafür ist es bei der D200 schneller wieder vorbei, was mit der höheren Arbeitsgeschwindigkeit zu tun hat. Sehr deutlich ist der Effekt auch im Sucher zu sehen, wo die Dunkelpause bei der D70 als kurze Abdunklung sichtbar ist, bei der D200 hingegen viel kürzer und nur noch wie ein Augenzwinkern.

Sucher
Der Sucher ist, wie allgemein bekannt, an der D200/D80 ein deutliches Stück größer als an der D70. Das ist in vielerlei Hinsicht ein Vorteil, und ich würde den D200-Sucher nicht mehr hergeben wollen - es sei denn, für einen weiter verbesserten, denn Verbesserungspotential besteht immer noch. Heller fand ich den Sucher der D200 nicht. Auch in puncto Brillenträgertauglichkeit nehmen beide Modelle sich (leider) nicht viel; bei beiden muß man die Brille stark gegen das Sucherokular drücken, um das Bildfeld bis in die Ecken überblicken zu können. Eine Dioptrieneinstellung ist zwar vorhanden, aber zumindest für Kurzsichtige ist das ständige Auf- und Absetzen der Brille keine praktikable Alternative.
Weder D70 noch D200 haben eingebaute Sucherverschlüsse. Will man tagsüber in Belichtungautomatik mit Stativ arbeiten, muß man zur Verhinderung von Fehlbelichtungen das Okular mit der Hand abschatten oder die mitgelieferte Plastikkappe aufsetzen. Nicht nötig ist dies, wenn man manuell belichtet oder bei abgedecktem Okular die Belichtung festgesetzt hat (AE Hold).

Fernbedienung und andere Anschlüsse
Die IR-Fernsteuerung, die zu D70/D80 angeboten wird, funktioniert nicht an der D200. Hier gibt es ausschließlich den 10poligen Zubehöranschluß, für den man bei eBay um knapp 20 € einen einfachen Auslöser bekommt. Diese Lösung finde ich grundsätzlich sympathischer, weil sie von hinter der Kamera (bei Langzeitbelichtungen) zuverlässiger funktioniert als die IR-Lösung; auch zur D70s und D80 würde ich eher den Kabelauslöser kaufen als den IR-Auslöser; die D70 läßt leider noch keine Wahl.
Allerdings zeigte sich hierbei der vielleicht größte Nervtöter an der D200: Die Verschlußkappe am Fernauslöser-Anschluß. Man muß sie vor Anschluß des Kabels abschrauben, was jedoch aufgrund der grifflosen Oberfläche gar nicht einfach ist; am ehesten gelingt es noch, indem man mit jeweils zwei Fingernägeln in die Riffelung am Rand greift. Hat man die Kappe abgeschraubt, geht sie allzu leicht verloren. Beim Wiederaufschrauben (falls sie bis dahin nicht schon verloren ist) dreht man das Kunststoffgewinde sehr leicht schief ein, was dann natürlich nicht mehr ganz paßt. Unterm Strich eine miserable Lösung. Wer häufiger den Fernauslöser anschließt, wird bald entnervt auf die Kappe verzichten. Das ist schade, weil dann ein Stück des (sonst gut abgedichteten) Gehäuses offen bleibt und die Kontakte der Buchse verschmutzen können.
Ähnlich schlecht gemacht, aber wenigstens besser zugänglich, ist die seitliche Abdeckung für die PC-Buchse (für Blitzanlagen). Viel besser ist hingegen die Abdeckung von Video-, DC- und USB-Buchsen an der Seite (bei D70s und D80 gilt das auch für die Fernauslöser-Buchse); sie sind leicht zu öffnen und zu schließen, und der Gummi-Deckel hängt unverlierbar an der Kamera fest. Man fragt sich, warum man sich beim Fernauslöser der D200 mit einer so unglücklichen Schraublösung herumärgern muß. Ich bin noch auf der Suche nach einem alternativen Schraubdeckel mit seitlicher Riffelung o. ä., die man wenigstens gut packen kann.

Stabilitätsüberlegungen und Fazit
Vom Inneren der Kameras kenne ich lediglich die von Nikon veröffentlichen Bilder; selber aufgeschraubt habe ich sie natürlich nicht. Aus den Bildern würde ich deuten, daß man der D200 eine etwas rauhere Behandlung zumuten kann, gerade in Verbindung mit großen und schweren Objektiven. Ich erinnere mich an den Bericht eines D70-Nutzers, der an seinem Gehäuse ein schweres Tele befestigt hatte, als ihm die Kameratasche herunterfiel und das ganze Bajonett aus der Verankerung im Kunststoff gerissen wurde. Sowas passiert sicher nicht oft, und selbststverständlich sollte man keine Kamera fallen lassen. Trotzdem könnte ich mir vorstellen, daß in solchen Situationen die D200, bei der das Bajonett direkt im Metallgehäuse verschraubt ist, mehr Standvermögen gezeigt hätte. Das Gehäuse der D200 ist aber auch spürbar schwerer, und das ist dann wieder nicht nach meinem Geschmack. Wenn ich ehrlich bin, würde ich in der Praxis das Gehäuse der D70 vorziehen. Es liegt fast genauso gut in meiner Hand und ist dennoch leichter. Mag ja sein, daß bei der D200 alles abgedichtet ist (Tauchprobe habe ich keine gemacht), und daß das Magnesiumgehäuse mehr Schläge mit stumpfen Gegenständen aushält als das Kunststoffgehäuse der D70, aber in der Praxis wäre das für mich als Hobbyfotograf, der seine Kamera nicht "hart rannimmt", unwichtig. Wären D70, D80 und D200 funktionsgleich, würde ich also dem soliden Kunststoff der D70/D80 den Vorzug vor dem harten Magnesium der D200 geben.
Der wirklich entscheidende Vorteil der D200 liegt im Bedienkonzept mit den größeren Tasten und der größeren Zahl Bedienelemente, die ihrerseits natürlich ein größeres Gehäuse erfordern. So gesehen sind beide Gehäuse Kompromisse, und am Ende würde ich wieder den Kompromiß der D200 vorziehen. Alles auf einmal kann man eben nicht haben.

Andreas Beitinger
2006
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